Vor einem Monat hatte er noch einen wütenden Protestbrief aufgesetzt, am Freitag warf sich Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina für SPÖ-Chef Werner Faymann ins Zeug. Zumindest im Wahlkampf gilt Loyalität den Sozialdemokraten noch als höchste Tugend. Das beweist ja auch Noch-Kanzler Alfred Gusenbauer, der sich trotz Demontage durch die eigenen Genossen kein böses Wort entlocken lässt.

Lacina untergräbt mit seinem Auftritt für Faymann die Glaubwürdigkeit jener Kritik, die er mit anderen roten Intellektuellen in einem offenen Brief geäußert hat. Der Aufschrei richtete sich ja nicht nur gegen die aktuelle „Anbiederung an die Krone", sondern auch gegen grundsätzlichere Übel. „Von billigem Populismus" war die Rede, von „Taktik und Machterhalt anstelle von neuen Orientierungen".

Es ist ein etwas großer Sprung vom scharfen Protest zu einer Werbeaktion für Faymann - und nichts anderes war Lacinas Auftritt vom Freitag. Die beiden Sozialdemokraten präsentierten nichts Neues, sondern priesen die alte Forderung an, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu halbieren.

Überzeugender klingen die roten Argumente auch mit dem Zuspruch des Experten Lacina nicht. Über die Verteilungswirkung kann man noch streiten - gemessen am Anteil des Einkommens, profitieren Ärmere stärker, in absoluten Summen jedoch Reichere. Dass Lacina aber taxfrei annimmt, die Supermärkte würden die Steuersenkung brav in niedrigeren Preisen weitergeben, grenzt an Blauäugigkeit - oder Populismus. Schließlich hat die Wettbewerbskommission unlängst festgestellt, dass am konzentrierten Lebensmittelmarkt eines Mangelware ist: Wettbewerb. (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 6./7.9.2008)