Wien - Zum Wahlkampf in den USA schreibt die internationale Presse am Freitag:

"La Stampa" (Turin):

"Sarah Palin, die sich in ihrer Rede selbst mit einem 'Pitbull mit Lippenstift' verglichen hatte, hat den Konservativen neuen Schwung verliehen und die Wahlkampagne noch einmal herumgedreht. Auch wenn John McCain der Kandidat der Republikaner ist, so wird die Entscheidung doch vom Duell zwischen ihr und Barack Obama abhängen, zwischen einer weißen Frau aus Alaska und einem Afroamerikaner aus Hawaii. McCain wie auch Obamas Vize Joe Biden sind tief in ihrer jeweiligen Partei verwurzelt, sie sind seit über 30 Jahren bekannte Gesichter im Establishment von Washington. Obama und Palin sind hingegen Outsider, die von den extremen Grenzen am Pazifik kommen (...) und die jene Kategorien verkörpern, Frauen und Afroamerikaner, die noch nie ins Weiße Haus eingezogen sind."

"La Repubblica" (Rom):

"Er wirkte alt und strahlte dieses 'Das-haben-wir-doch-alles-schon-einmal-gesehen' aus. Mit seinem müden und doch heroischen Blick, mit diesem Gesicht, das wir schon zu oft gesehen haben, hat der republikanische Kandidat John McCain gestern Abend den Parteitag auf derselben Bühne beendet, auf der Sarah 'Wolfsblut' Palin 24 Stunden zuvor Barack Obama zerfleischt und einer krisengeschüttelten Partei neues Leben eingehaucht hatte. Es war fast lustig, diesem alten, angesehenen Herrn zuzuhören, der seit 25 Jahren in den Hallen der Macht sitzt, wie er sich da selbst als Mann darstellte, der für Veränderung steht. Und wie er sich als Reformist präsentierte, der im Kongress aufräumen will - genau da, wo er doch selbst ein Viertel Jahrhundert lang bequem zugebracht hat. (...) Das Treffen wird als Parteitag von Sarah Palin in Erinnerung bleiben, jener Frau, die er als Vize-Präsidentin gewählt hat."

"Daily Telegraph" (London):

"Vergangenen Montag hat der Parteitag der Republikaner unheilvoll begonnen. Das Programm wurde durch Hurrikan Gustav verkürzt, und die Vizekandidatin Sarah Palin verkündete, dass ihre 17-jährige Tochter schwanger ist. Der Hurrikan ging vorbei, ohne New Orleans zu zerstören. Und die Gouverneurin von Alaska drehte eine drohende Peinlichkeit zu ihrem Vorteil um, indem sie sich stolz auf die Entscheidung ihrer Tochter zeigte, das Baby zu bekommen. Ihre Rede am Mittwoch begeisterte den Parteitag erst richtig. Seitdem John McCain die überraschende Wahl für seinen 'running-mate' bekanntgegeben hat, war sie der genauen Überprüfung der Medien ausgesetzt. Genug, um zu beweisen, dass sie stärkste Nerven hat. In St. Paul hat sie gezeigt, dass sie ausreichend Charakterstärke hat, Feindseligkeiten auszustehen und kämpfend zurückzukommen."

"Le Monde" (Paris):

"In den vergangenen Monaten hatte man bei McCain gedacht, dass die Wahl sich im Zentrum entscheiden würde. Doch mit seiner Vizekandidatin Sarah Palin will McCain die Rechte um sich sammeln. Er will das Amerika der 'wirklichen Menschen' den Eliten von Universitäten wie Harvard entgegensetzen, die angeblich sein demokratischer Gegenspieler Barack Obama verkörpert. Man hatte auch gedacht, dass McCain sich von dem sehr unbeliebten George W. Bush unterscheiden und klar absetzen wollte. Doch auf dem Parteitag von Minneapolis wurde die Politik der amtierenden Präsidenten fortgesetzt. McCain scheint der Propaganda Obamas recht zu geben: sie stellt ihn als Erben von Bush hin." (APA/dpa)