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Am Eisenstädter Schloss scheiden sich die Geister: Ab 2010 wird das Burgenland dort nicht mehr repräsentieren können. Nun droht die Errichtung eines neuen „Kongresszentrums".

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Eisenstadt - Wer in letzter Zeit ins Burgenland nicht nur hinein blickte, sondern auch horchte, traute zuweilen seinen Ohren nicht. Es schien ein Wiedergänger umzugehen, ein Blutsauger aus fürstlichem Geschlecht, dem der aufrechte Bürger, der kein Knie beugt vor Fürstenthronen, zu widerstehen hat. Hinter vorgehaltener Hand tuschelten nicht wenige, was die regierende Landes-SPÖ sich mit Mühe verkniff. Nur „Die Linke", die 2007 bei den Gemeinderatswahlen erstmals angetreten war, fordert es laut und deutlich: „Enteignet Esterházy!"
Manche Pächter und Kulturveranstalter klagen über zunehmenden Druck des fürstlichen Hauses. Unlängst erst zog sich der Betreiber des Eisenstädter Schlossrestaurants zurück, die Gemeinde Breitenbrunn sorgt sich um die Zukunft ihres Seebades, auf Burg Forchtenstein fürchten die Veranstalter des sommerlichen Kinderfestivals „Forchtenstein fantastisch" alljährlich um die fürstliche Genehmigung.

Im heurigen Frühjahr kam es dann zum Bruch zwischen Esterházy und Land in der Frage der Renovierung des Eisenstädter Schlosses, der wichtigsten Repräsentationsstätte des Landes. Der Pachtvertrag, der bis Ende 2009 läuft, wird nicht verlängert. Esterházy setzt nun auf eine Partnerschaft mit „privaten Investoren", das Land will ein neues Kongresszentrum errichten. Selbst über die Abrechnung des bisherigen Pachtvertrages konnte kein Einvernehmen hergestellt werden. Esterházy gab bekannt, das Land habe für 8000 Quadratmeter Nutzfläche monatlich 3500 Euro bezahlt, das Land rechnet da mit großer Selbstverständlichkeit Personal- und Betriebskosten dazu und kommt so auf 28,5 Millionen Euro zusätzlicher Investitionskosten seit 1945.
Es mag sein, dass diese unterschiedliche Kostenrechnung viel von dem Konflikt erklärt, der Beobachter nicht nur ein wenig an die heftige Auseinandersetzung der Sechzigerjahre erinnert, als der in Zürich residierende Fürst Paul V. sich tatsächlich als Herr fühlte und das die Landespolitik auch spüren ließ, sodass diese eine „Lex Esterházy" im Parlament urgierte, auf dass das von Landeshauptmann Theodor Kery so genannte „anachronistische Esterházy-Problem" ein für alle Mal gelöst werde.

Freilich regiert seit Ende 2000 kein Fürst mehr das 44.000 Hektar große Reich. Sondern, wenn man so will, ein „geschäftsführender Fürst", der die Herrschaft seines Kurzzeit-Vorgängers - Anton, der unter Weinrittern und Esterházyhusaren immer noch eine gute Figur macht - mit modernen Managementmethoden beendete. Und dazu gehört halt auch die Gewinnmaximierung, wo immer es geht. Das hat mit alter Fürstenherrlichkeit - Goethe schwärmte einst noch vom Esterházy'schen „Feenreich" - nur noch am Rande zu tun. Der Schweizer Stefan Ottrubay hat sein Handwerk in der internationalen Bankenwelt gelernt. Und den Lehrstoff ziemlich abrupt ins Burgenland transformiert - just zu einem Zeitpunkt, als das Land seine nachhaltige Unfähigkeit, sich in dieser Bankenwelt zurechtzufinden, eindrucksvoll und schmerzhaft unter Beweis gestellt hatte. Dazu gesellte sich allmählich auch ein anderer Aspekt. Der ungarisch sprechende Stefan Ottrubay nutzte die Gelegenheit und das historische Gewicht des Namens Esterházy und drängte nicht nur sein operatives Geschäft ins nahe Ausland. Er drängte auch darauf, Eisenstadt - in Form seines Schlosses - zum Zentrum eines großzügig gedachten, quasi Esterházy'schen „pannonischen Raums" zu machen.

Burgenländisches Burgenland

Im Vorjahr und sozusagen zum Auftakt gab es die viel beachtete und prominent kuratierte Ausstellung „Central Europe revisited" mit zeitgenössischen Künstlern Mitteleuropas, zur Zeit läuft deren zweite Folge. Das offizielle Burgenland hat in den vergangenen Jahren den gegenteiligen Weg eingeschlagen: Je konkreter die Annäherungen an Ungarn und die Slowakei zu werden drohten, desto dringlicher beschworen die SPÖ und ihr Landeshauptmann das Burgenländische am Burgenland.

Kulturlandesrat Helmut Bieler, der als Finanzlandesrat die Verhandlungen um die Schlossrenovierung zu führen hatte, brachte die Differenz auf den Punkt. Der Esterházy'sche Plan, im Schloss eine repräsentative Ausstellungsfläche zu errichten, „hat für das Land keine Priorität, da wir mit unserer Landesgalerie hervorragende Möglichkeiten für zeitgenössische Kunst haben." Die aber befindet sich - als Sinnbild tut das fast weh - in den ehemaligen Stallungen des fürstlichen Schlosses. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD-Printausgabe, 5.9.2008)