"Wie soll ich denn auch keine Schulden haben, wo es doch außer Spenden kaum Einnahmen gibt, ich aber für immer mehr Bedürftige sorgen muss?", fragt die Flüchtlingshelferin Ute Bock

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Wien - Die Flüchtlingshelferin und Betreiberin von rund 70 Wohnprojekten für obdachlose Fremde in Wien, Ute Bock, steht laut vereinsinternen Informationen mit ihrer Arbeit vor dem Aus. Am Mittwoch um die Mittagszeit soll der Vorstand bereits die Auflösung des Vereins beschlossen haben. In den Nachmittags- und Abendstunden fanden weitere Sitzungen statt.

"Was uns fehlt, sind 250.000 Euro - und zwar dringendst", sagte Ute Bock am Mittwochnachmittag zum Standard. Gelinge es nicht, diese Summe aufzutreiben, seien die Vereinsvorstände nicht mehr bereit, "das Risiko, selber haftbar gemacht zu werden", zu tragen. „Sie haben mir eine Woche Zeit gegeben", sagte Bock. Von anderer Seite war zu erfahren, dass das Aus bereits fixe Sache sei.

Wollen, dass ich die Menschen absiedle


"Sie wollen, dass ich die Menschen aus den Wohnungen absiedle, um keine weiteren Ausgaben zu machen", schildert Bock, "doch bevor ich das mache, springe ich aus dem Fenster". Die vereinsinterne Krise sei bei der Vorstandswahl am Mittwoch, die alle zwei Jahre durchgeführt werden muss, akut geworden. Die Buchhalterin, die selbst bereits gekündigt habe, habe die Höhe der Schulden genannt. Daraufhin habe der Rechtsanwalt des Vereins von akuter Konkursgefahr gesprochen - und die anderen Vorstandsmitglieder hätten die Selbstauflösung urgiert.

Außer Spenden kaum Einnahmen

"Wie soll ich denn auch keine Schulden haben, wo es doch außer Spenden kaum Einnahmen gibt, ich aber für immer mehr Bedürftige sorgen muss?", fragt die Flüchtlingshelferin. Die ausständigen 250.000 Euro setzen sich ihrer Darstellung nach aus „nichtbezahlten Mieten im Wiener Kabelwerk und aus schuldiggebliebenen Gas- und Stromrechnungen" zusammen.

Laut Tätigkeitsbericht 2007 stammen rund 60 Prozent der Vereinseinnahmen von insgesamt 534.940 Euro aus Spenden. Den Einkünften standen allerdings allein im Vorjahr Ausgaben von 571.614 Euro gegenüber, was einen Fehlbetrag von fast 37.000 Euro bedeutet. Für ein Viertel der rund 300 in den Wohnprojekten untergekommenen Flüchtlinge zahlt Wien im Rahmen der Grundversorgung 110 Euro pro Monat, der Betrag decke aber die tatsächlichen Wohnungskosten nicht. ( Irene Brickner/Michael Möseneder DER STANDARD Printausgabe 4.9.2008)