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Bonobo-Dame Panbanisha bei der Lektüre. Analysen ihres Konversationsverhaltens zeigten, dass Zwergschimpansen
weitaus mehr können, als nur Worte und Zeichen zu verstehen.

Foto: AP/Great Ape Trust

Ein Bonobo rennt einem Hund nach, der sich zu seinem Herrl flüchtet. Schnitt. Dann unterhält sich der Zwergschimpanse mit seiner Betreuerin mittels eines Zeichenbuchs - immer wieder mit kritischem Blick auf den etwas verschreckten Hund. Dazwischen steht der Bonobo zweimal auf, geht zum Vierbeiner, attackiert ihn kurz, um dann mit seiner Betreuerin weiterzureden. Am Ende darf sich der Affe auf die Schultern des Hundebesitzers setzen und wird von ihm weggetragen.

Die junge dänische Linguistin Janni Pedersen hat sich das sechsminütige Video von diesem Zwischenfall im US-Primatenforschungszentrum "Great Ape Trust" wohl dutzende Male angeschaut. Und sie hat die Kommunikation zwischen der Bonobo-Dame Panbanisha und der Primatologin Sue Savage-Rumbaugh mit linguistischen Methoden ausgewertet, die sonst nur zur Analyse zwischenmenschlicher Kommunikation angewendet werden.

Dabei zeigte sich Erstaunliches, wie Pedersen gemeinsam mit William M. Fields, dem Leiter des Forschungszentrums, im Journal of Integrative Psychological and Behavioral Science berichtet: Analysiert man Panbanishas Konversationsverhalten nämlich mit soziolinguistischen Methoden der Konversationsanalyse, dann erscheint ihr Sprachvermögen noch viel menschenähnlicher als bisher gedacht.

Verhandlungen

Für eine geschulte Betrachterin wie Pedersen ist auf dem Video nämlich zu sehen, wie Panbanisha mit Betreuerin Savage-Rumbaugh richtiggehend verhandelt: Die Bonobo-Dame hasst den Hund und möchte weggetragen werden; die Betreuerin bietet ihr im Gespräch andere Alternativen an. Doch immer wieder lenkt Panbanisha die Konversation geschickt zurück auf ihren Wunsch, der ihr letztlich erfüllt wird.

"Sie ist sehr, sehr clever und absolut fähig, der Konversation wie ein Mensch zu folgen", sagt Janni Pedersen, die an der Iowa State University gerade ihre Dissertation über die kommunikativen Fähigkeiten von Bonobos schreibt. Panbanishas Sprachvermögen gehe weit über das bloße Verständnis der Worte hinaus: "Sie weiß, wie sie die Worte einsetzen muss, um das Gewollte zu kriegen."

Neues Kapitel der Forschung

Für William Fields, dem Direktor des Great Apes Trust in Iowa, ist damit ein neues Kapitel in der Analyse des Sprachvermögens von Primaten und Menschen eröffnet: die Suche nämlich nach ihren evolutionären Ursprüngen.

Und da legt man sich mit einer der Hauptthesen von Noam Chomsky, dem mittlerweile emeritierten MIT-Professor für Linguistik, an. Chomsky meinte, dass Sprache ein exklusives Produkt der Menschwerdung ist und nicht aus einer primitiven Sprache von Primaten hervorging.

Womöglich kann ihn Panbanisha vom Gegenteil überzeugen. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 3.9.2008)