Wien- Der Einsatz von Kinderbeiständen bei schwierigen Obsorgefällen oder Besuchsrechtsstreitigkeiten soll künftig die Regel sein. Justizministerin Maria Berger  kündigte am Dienstag in einer Pressekonferenz eine Gesetzesinitiative dazu an, mit der Richter in solchen Fällen Experten bestellen können, die dann die Vertretung der Kindesposition übernehmen. In den letzten eineinhalb Jahren wurde bereits ein entsprechendes Modellprojekt erprobt, die Ergebnisse seien "ganz eindeutig positiv" gewesen, betonte Berger.

"Aufrüttelungsprozess"

In insgesamt 96 Fällen an 28 Gerichten kamen Kinderbeistände zum Einsatz. Der überwiegende Teil der Betroffenen habe sich positiv geäußert, erklärte Christa Pelikan, die führend die Begleitstudie zum Projekt erstellt hat. Als besonderen Erfolg sieht sie den in vielen Fällen erreichten "Aufrüttelungsprozess". Das heißt, vielen Eltern sei klar geworden, dass sie mit ihren Streitigkeiten um das Kind eben diesem besonders schadeten.

Zur Tätigkeit der Kinderbeistände hielt Pelikan fest, dass diese immer nur "Aufträge" der Kinder in Richtung der Eltern bzw. des Gerichts weitergeben würden, nicht aber Beeinflussungen durch einzelne Elternteile an das Kind. Die Beistände hätten auch einzig die Aufgabe, sich am ausdrücklichen Wunsch des Kindes zu orientieren und nicht am objektiven Kindeswohl.

Gerichtsentscheid gegen Kindeswunsch

So gab es auch Fälle, wo das Gericht gegen den geäußerten Willen des Kindes entschieden hat - nämlich da wo der vorgebrachte Wunsch nicht authentisch genug gewirkt hatte, da er z.B. stereotyp und nicht wirklich argumentiert vorgetragen worden sei, also der Verdacht von Beeinflussung vorgelegen sei. In einem solchen Fall habe das Gericht letztlich zu Gunsten der Mutter entschieden, auch wenn das Kind sich für den Vater entschieden hätte. Nach dem Entscheid habe es freilich auch ganz gut mit diesem Leben können.

Fachkräfte mit abgeschlossener Ausbildung

Mit der neuen gesetzlichen Regelung soll der Kinderbeistand in ganz Österreich eingesetzt werden können, bisher war das nur in vier Bundesländern der Fall. Die Entscheidung trifft der Richter, unter Umständen auch auf Antrag des Kindes. Rechtsmittel dagegen sollen nicht möglich sein. Gerechnet wird von Berger mit rund 300 Fällen pro Jahr, der Kostenaufwand betrüge dann 300.000 Euro. Als Beistände dürfen nur Fachkräfte mit abgeschlossener Ausbildung und Berufserfahrung in einem psychosozialen Beruf zum Einsatz kommen.

Dass sich für den Kinderbeistand eine parlamentarische Mehrheit finden lässt, ist die Justizministerin überzeugt. Schon beim Modellversuch habe es von allen Fraktionen positive Resonanz gegeben. Allerdings wird es noch eine Zeit dauern, bis das entsprechende Gesetz umgesetzt werden kann. Berger rechnet mit einem Beschluss bis spätestens Sommer 2009. Bis dahin ist Pause für die Beistände - Ausnahme sind jene Verfahren, die noch nicht abgeschlossen sind. (APA)