Österreich bleibt eine Kaffeenation: Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch beträgt mehr als acht Kilo. Der teure Rohkaffee trifft Kaffeehäuser nur am Rande. Die Betriebskosten wiegen in der Melange um vieles schwerer.

Foto: DER STANDARD/Regine Hendrich

Kaffeehändler brauchen starke Nerven. Die weltweit steigende Nachfrage zieht die Preise nach oben. Der Konsument spürte davon bisher wenig. Der Handel will seinen Lockartikel nicht verlieren und schluckt die Teuerung.

***

Wien - Wie fast alle agrarischen Rohstoffe befindet sich auch Kaffee derzeit in einer Hochpreisphase. Im heurigen Juli kostete ein halbes Kilo Rohkaffee 1,32 US-Dollar (0,91 Euro-Cent) - das ist mehr als doppelt so viel im Juli 2004. Zum Vergleich: Im Sommer des Vorjahres musste man für ein halbes Kilo Kaffee 1,06 US-Dollar hinlegen.

Ein Teil des Preisanstieges konnte bisher durch den schwachen Dollar-Kurs ausgeglichen werden. Doch mit dem Erstarken des Greenback hat sich diese Entwicklung in den vergangenen Wochen umgekehrt. Besonders kräftig fiel der Preisanstieg bei der Sorte Robusta aus, die im Juli mit 1,15 US-Cent pro halbem Kilo gleich dreimal so viel kostete als vor vier Jahren. Das könnten vor allem Espresso-Fans spüren, denn die Robusta-Bohnen kommen vor allem als Zusatz in Espresso-Mischungen zum Einsatz.

"Derzeit ist kein Ende der hohen Preise in Sicht" , sagt Gerald Steger, Geschäftsführer des Kaffeeautomatenbetreibers Café+Co, der jährlich einen Kaffeepreis-Monitor erstellt. In einigen Ländern, etwa in Deutschland und Österreich, stagniere der Kaffeekonsum zwar auf hohem Niveau. In Osteuropa, Indien und China ziehe aber der Verbrauch deutlich an. Und traditionelle Kaffee-Anbauländer wie Brasilien, Mexiko und Vietnam verbrauchen die schwarze Bohne vermehrt selbst, anstatt sie in rauen Mengen zu exportieren.

Auch der hohe Ölpreis schlägt auf den Markt durch. Stöger: "Die Rekordpreise bei Öl machen Röstung und Logistik teurer." Zudem werde Kaffee - als weltweit wichtigstes Handelsgut nach dem Rohöl - verstärkt zum Spekulationsobjekt (siehe Interview).

Helmut Grafinger, Chef des Kaffeeverbands, rechnet heuer mit keiner Kaffeeverknappung. Mittelfristig könnte es international jedoch aufgrund der rasant steigenden Nachfrage eng werden, sagt er. Auch wenn die Gefahr, dass immer mehr Kaffeebauern aus der Produktion aussteigen, erst einmal gebannt sei. Noch vor drei Jahren seien die Preise so im Keller gewesen, dass sich der Anbau für viele nicht länger rentiert habe. "Dass Erhöhungen kommen mussten, war also absehbar."
Österreichs Supermärkte haben die Teuerung bisher vielfach geschluckt. Zu sehr dient der Kaffee als Lockartikel, zu sensibel reagiert der Kunde hier auf Anpassungen.

"Gäste nicht verschrecken"

Auch die meisten Kaffeehäuser hielten sich mit Preiserhöhungen zurück, glaubt Maximilian Platzer, Vorsteher der Wiener Kaffeehäuser. "Jeder passt auf, dass er seinen Gast nicht verschreckt." Es dürfe zudem nicht vergessen werden, dass der reine Kaffeepreis nur einen Bruchteil der Gesamtkosten ausmache. Beim "großen Braunen" sind es gerade einmal fünf Prozent.

Wien zählt derzeit 2500 Kaffeehäuser. Die Fluktuation ist mit gut 40 Prozent enorm, seufzt Platzer. Das ständige Auf und Zu von Betrieben verzerre den Wettbewerb. Ketten wie Starbucks und Segafredo hätten der Branche bisher keinen Boden abgegraben. Bäckereifilialisten mit Kaffeeausschank tun da schon mehr weh, so Platzer. (Bettina Pfluger, Verena Kainrath, DER STANDARD, Printausgabe, 3.9.2008)