Graz - In der erste Gewaltambulanz Österreichs will Leiterin Kathrin Yen hierzulande erstmals auch tiefer liegende Verletzungen nach Gewalttaten mit radiologischen Methoden untersuchen. Die Gewaltambilanz öffnet am 9. September im Gerichtsmedizinischen Institut der Med-Uni Graz gemeinsam mit dem dort neu eingerichteten Ludwig-Boltzmann-Institut (LBI) für klinisch-forensische Bildgebung ihre Pforten.

Das LBI ist seit Juni im Aufbau und arbeitet in den ersten vier Jahren mit einem Budget von rund 6,3 Millionen Euro. 60 Prozent der Gelder kommen direkt von der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft - der Rest wird von der Medizinischen Universität, der Uni Graz, dem Oberlandesgericht Graz und Siemens beigesteuert. Aufgabe des LBI ist es, die Gewaltambulanz einzurichten sowie Daten zu sammeln. Die Untersuchung von Gewaltverletzungen mit den Methoden der Magnetresonanztomographie (MRT) und der Computertomographie (CT) ist für Yen "unverständlicherweise" noch nicht fixer Bestandteil der Beweissammlung.

In Zukunft können Menschen, denen Gewalt zugefügt worden ist, zur Ambulanz kommen und sich "normal" untersuchen lassen. Mit einer Einwilligung werden auch MRT oder CT - je nach Verletzung - aufgenommen. Die Röntgenbilder werden vom Institut gespeichert und zu Forschungszwecken gesammelt. Falls sich der Patient entscheidet, den Täter anzuzeigen, können die Ergebnisse der Untersuchung vor Gericht als Beweise geführt werden.

Verletzungsgrad leichter ermitteln

Der Vorteil der klinisch-forensischen Bildgebung zeige sich zum Beispiel bei Strangulationen: Momentan würde die Schwere der Verletzung anhand der äußerlichen Spuren - wie etwa Blutergüsse - geschätzt, so Yen. Wenn das Opfer direkt nach der Tat, vielleicht auch auf Rat der Polizei, in die Gewaltambulanz komme, so könne das MRT den Verletzungsgrad anhand der Quetschungen im Hals ermitteln. Damit kann auch vor Gericht leichter argumentiert werden, ob die Strangulation beispielsweise lebensbedrohlich war.

Yens Ziele sind bessere Befunde und kürzere Gerichtsverfahren. Vorbilder aus Deutschland und der Schweiz, wo Yen selbst ein ähnliches Projekt aufgebaut hatte, zeigten den Bedarf der Methoden. Die Gewaltambulanz in Graz soll für Fälle aus ganz Österreich zur Verfügung stehen. Eine kleine Zweigstelle in Wien werde Fälle aus der Bundeshauptstadt nach Graz übermitteln. Yen rechnet mit rund 200 Fällen pro Jahr. (APA/red)