Wien - Obwohl sich die russischen Aktienkurse nicht erst seit der Georgien-Krise auf Talfahrt befinden, ist der russische Markt mit einem prognostizierten KGV von 6,5 von allen großen Schwellenländern noch immer am günstigsten bewertet. Zwar sei kurzfristig mit einer höheren Marktvolatilität zu rechnen, doch seien die negativen Faktoren bereits weitgehend in den Kursen eingepreist, meint Allan Conway, der bei der britischen Investmentbank Schroders den Bereich "Aktien Schwellenländer" leitet.

Bereits in den vergangenen Monaten hätten Probleme insbesondere bei der Corporate Governance - so geriet der Stahl- und Kohlekonzern Mechel wegen seiner Preispolitik ins Schussfeuer von Regierungschef Putin -, die scharfe Korrektur des Ölpreises und die Sorge um eine kräftig gestiegene Inflation Investoren zum Verkauf russischer Aktien bewogen. Vor dem Hintergrund vergleichsweise niedriger Arbeitslosenzahlen würden die Lohnstückkosten steigen und damit den Inflationsdruck verstärken.

Politische Unsicherheit

Zusammen mit diesen Faktoren werde die im Zuge des Kaukasus-Konflikts gestiegene politische Unsicherheit kurzfristig wahrscheinlich zu höherer Marktvolatilität führen, meint Conway. Diese Situation könnte sich noch verschärfen, falls Staaten der ehemaligen Sowjetunion in den Konflikt hineingezogen werden sollten.

Sorge bereitete auch die Tatsache, dass das Vertrauen nicht nur in Russland selbst, sondern auch unter ausländischen Investoren erheblich angeschlagen sei. Seit Putins Machtantritt im Jahr 2000 würden jetzt erstmals mehr Mittel aus dem Land abfließen als hereinkommen.

Die makroökonomischen Rahmendaten Russland seien trotz Inflationssorgen weiterhin tragfähig, so Conway. Russland profitiere nach wie vor von den hohen Ölpreisen - trotz der jüngsten Korrektur. Erst bei einem Rückgang auf ein Niveau von rund 60 US-Dollar pro Barrel würde der Preisverfall die russische Wirtschaft spürbar belasten. (APA)