Wie viel wusste Julius Meinl V. über Aktienrückkäufe der Immobilien-Gesellschaft Meinl European Land? Das muss der Staatsanwalt klären.

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Wien - Die Mauer, die Julius Meinl V. in der Causa Meinl Bank bzw. Meinl European Land (MEL) zwischen seiner Person, der Bank und der MEL hochgezogen hat, hat Sprünge bekommen. Das ergibt sich aus Aussagen eines hochrangigen Meinl-Mitarbeiters, der im Rahmen der Ermittlungen der Finanzmarktaufsicht zu den Vorgängen rund um MEL einvernommen worden ist. Günter Weiß, ehemaliger Prokurist der Meinl Bank, enger Vertrauter Meinls sowie für alles zuständig, was mit Buchhaltung zu tun hatte, belastet Julius Meinl V. im Zusammenhang mit den Rückkäufen der MEL-Zertifikate. Zur Erinnerung: Die Meinl Bank als Market Maker für MEL hat zwischen Februar und August 2008 fast 90 Mio. Zertifikate zurückgekauft und dafür rund 1,8 Mrd. Euro in die Hand genommen. Diese Geschäfte wurden über die Somal A.V.V. abgewickelt. Die Anleger erfuhren von den massiven Rückkäufen erst im Nachhinein. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue, Betrug und Marktmanipulation.

Die Verantwortung Julius Meinls: er habe "die Rückkäufe weder gesteuert oder sonst aktiv auf diese Einfluss genommen". Die Aussagen von Weiß (er ist seit Dezember 2007 im Vorstand der Meinl Bank; Meinl hat sich in den Aufsichtsrat zurückgezogen) könnten auch anders interpretiert werden.

Zitat aus der Sachverhaltsdarstellung, die die FMA am 22. Februar 2008 bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht hat: "An sehr umsatzstarken Tagen standen mehr als 200.000 Zertifikate auf einmal zum Verkauf. In solch einem Fall wurden von Herrn Weiß nach seinen Aussagen Herr Julius Meinl für die weitere Vorgangsweise im Market Making kontaktiert und gemäß diesen Vorgaben gehandelt ... bei erreichen einer kritischen Größenordnung wurde Herr Weiß nach den Aussagen des zuständigen Market Makers für MEL ... täglich von diesem informiert, wie viele Stücke ge- bzw. verkauft wurden". Weiß hatte bereits als Lehrbub bei Meinl begonnen, gilt als überaus fleißig - und extrem Meinl-loyal.

Unschuldsvermutung

Das Problem für Meinl: Sollte es dereinst zu strafbaren Handlungen gekommen sein, das Gericht zur Ansicht kommen, dass Meinl dabei eine Rolle gespielt habe, dann könnten die MEL-Geschädigten auf die Bank, und Meinls Privatvermögen (Meinl haftet als Ex-Vorstand) durchgreifen. Der STANDARD betont, dass die Unschuldsvermutung gilt.

Meinls Reaktion (auf eine Aussendung von Format): Weiß habe Meinl "ausschließlich in seltenen Fällen kontaktiert", es sei nur um Informatives gegangen. Weiß wird in der Meinl-Aussendung so zitiert: "Ich habe nie gesagt, irgendwelche Vorgaben oder Anweisungen erhalten zu haben. Die FMA verdreht nun offenbar alles so, wie sie es braucht."

Die Sachverhaltsdarstellung, die dem STANDARD vorliegt, birgt jedenfalls noch andere Unannehmlichkeiten. Aufgrund der buchhalterischen Verarbeitung der Rückkauf-Deals über die Somal habe jeder, der "in das Verrechnungskonto (bei der Meinl Bank; Anm.) Einsicht nahm, sowohl über den Ankauf durch die Somal (um das Kursniveau zu halten), als auch über den Verkauf zu mutmaßlich künstlich überhöhten Werten an Kunden Bescheid gewusst."

Die Meinl Bank ist jedenfalls sicher, dass sich weder für die Bank geschweige denn für Julius Meinl V. irgendwelche straf- oder zivilrechtlichen Konsequenzen aus den Rückkäufen ableiten lassen. Zudem sei die zitierte Sachverhaltsdarstellung "längst nicht mehr am letzten Stand".

Ob das auch für die Sachverhaltsdarstellung gilt, die die FMA im Juni 2008 eingebracht hat und bei der es um die Einhaltung der Prospektpflichten der MEL geht, ist nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft Wien jedenfalls lässt nur ausrichten, dass sie "alles prüft". Ein Sachverständiger für die Causa ist noch nicht bestellt. Julius Meinl soll von Staatsanwalt Karl Schober noch nicht einvernommen worden sein. Anwalt Dieter Böhmdorfer, der Klagen gegen die Meinl Bank und MEL eingebracht hat: "Der Sachverständige hätte bereits im Herbst bestellt werden können. Für uns ist nicht erkennbar, dass sehr energisch ermittelt wird." (Renate Graber und Bettina Pfluger, DER STANDARD, Printausgabe, 29.8.2008)