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Machen sich Zecken auf der Alm breit, sind Weidetiere gefährdet. Selten gelangt das FSME-Virus in die Milch.

Foto: AP/Winfried Rothermel

Wien/Bregenz - Es sind nicht mehr nur Auwälder und klimatisch milde Regionen, die als typische Zeckengebiete gelten. Zecken, vor allem der in Österreich dominante gemeine Holzbock, machen sich auch in alpinen Gebieten breit, wie ein Fall aus Vorarlberg zeigt. Auf einer Alm auf 1564 Meter Seehöhe im Walgau (Bezirk Bludenz) infizierten sich ein Senner und seine Familie mit dem FSME-Virus. Sechs Personen wurden infiziert - durch den Verzehr von Käse.

Die Ursache für das Vordringen der Zecken ins Gebirge vermuten Wissenschafter im Klimawandel. Die Endemiegebiete, die Risikoregionen, weiten sich aus. Bislang hatte man angenommen, dass Zecken nur bis 1350 Meter Seehöhe vorkommen.

Verkettung von Zufällen

Im Vorarlberger Fall ist nicht nur der Ort, sondern auch die Art der Übertragung ungewöhnlich: Die sechs Personen infizierten sich über den Genuss von Ziegenfrischkäse. Heidemarie Holzmann vom Institut für Virologie der Med-Uni Wien hat den Fall untersucht: "Es müssen sehr viele Zufälle zusammenspielen, dass es zu einer Infektion über Lebensmittel kommt." Wird ein Nutztier, im konkreten Fall eine Ziege, von einer infizierten Zecke gestochen, zeigt es keine Symptome, wird selbst nicht krank. So lange das Virus im Blut vorhanden ist, kann es in die Milch gelangen. Holzmann: "Das ist zwar nur eine kurze Phase, im konkreten Fall hat es jedoch ausgereicht, den Käse zu infizieren." In Milch oder Käse hält sich das Virus etwa 25 Tage. Verhindert kann eine Übertragung nur durch Pasteurisierung der Milch werden.

Die Infektion durch den Genuss von unpasteurisierter Milch ist im Alpenraum sehr selten, sie kam aber nicht zum ersten Mal vor. Holzmann: "Wir kennen diese Möglichkeit der Übertragung seit den 50er-Jahren." In Österreich wurden 1989 und 1996 in der Steiermark Infektionen durch rohe Ziegenmilch verzeichnet, sagt die Virologin. Häufiger kenne man die Infektion durch Milchprodukte in Osteuropa, vor allem in den baltischen Staaten.

Als Schutz empfiehlt die Virologin "das Pasteurisieren der Milch und selbstverständlich die Impfung". Wer in Endemiegebieten unpasteurisierte Milch trinke und nicht geimpft sei, gehe ein "gewisses Risiko" ein, sagt Holzmann. Womit sie dem Vorarlberger Gesundheits-Landesrat Markus Wallner (ÖVP) widerspricht, der nach Bekanntwerden des Infektionsfalles den Verzehr von pasteurisierten Rohmilchprodukten als "völlig unbedenklich" einstufte.

2007 gab es in Österreich 45 FSME-Erkrankungen, dieses Jahr wurden bisher 32 verzeichnet. (Jutta Berger, DER STANDARD - Printausgabe, 29. August 2008)