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Für einen Abend war die Welt der Demokraten wieder in Ordnung. Umjubelt von den Delegierten des Wahlparteitags in Denver bekannte Hillary Clinton: "Barack Obama ist mein Kandidat. Und er muss unser Präsident sein." Vor drei Monaten klang das noch ganz anders. Aber die Profi-Politikerin hat sich den Realitäten gebeugt und verkündet nun: "Wir sind im gleichen Team."

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Nach der bitteren Niederlage im Vorwahlrennen scheint Hillary Clinton den Jubel zu genießen. Sie lässt zu, dass der Applaus zum Crescendo anschwillt und blickt über das Meer von weißen Pappschildern, die alle den Schriftzug ihres Vornamens tragen. Fast die Hälfte der Delegierten waren auf Clinton verpflichtet, sollen nun aber Obama wählen.

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Die New Yorker Senatorin stand am späten Dienstagabend vor einer unglaublich hohen Herausforderung. Sie wollte sowohl ihre eigene politische Zukunft voranbringen als auch die Partei auf ihren bisherigen Rivalen einschwören. Irgendwie musste sie die Demokraten wie die amerikanische Öffentlichkeit davon überzeugen, dass sie Obama nun für den geeigneten Präsidentschaftskandidaten hält.

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Aber da gab es ein großes Hindernis - ihre eigenen Worte in den vergangenen Monaten. Clinton im Dezember 2007: "So entscheidet nun, was sinnvoller ist: unser Land jemandem anzuvertrauen, der am Tag 1 bereit ist oder Amerika in die Hände von jemandem zu legen, der kaum nationale oder internationale Erfahrung hat." Und Clinton im März 2008: "Ich weiß, dass Senator McCain eine lebenslange Erfahrung hat, die er ins Weiße Haus einbringen will. Und Senator Obama hat eine Rede, die er 2002 gehalten hat."

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Einen Vorteil hat Hillary Clinton nun gegenüber Obama - sie muss keine Rücksicht mehr nehmen auf die Meinungsumfragen. Unter den  Augen ihres Mannes, Expräsident Bill Clinton, attackierte sie McCain: Dessen Regierung würde nur eine Fortsetzung der zwei Amtszeiten von George W. Bush sein. Und das würde bedeuten: "Mehr Krieg. Weniger Diplomatie. Mehr von einer Regierung, für die die Privilegierten zuerst dran kommen und alle anderen als letzte."

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Das gefiel der Menge im Pepsi Center von Denver, den eigenen Anhängern wie denen von Obama. Zwischen den Zeilen konnte man heraushören, dass sie Obama bei all ihrer früheren Kritik doch noch die bessere Politik zutraut als McCain. "Wir brauchen nicht vier weitere Jahre der vergangenen acht Jahre", rief Clinton aus.

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Auf dem Fundament ihrer 18 Millionen Stimmen in den Vorwahlen hat Hillary Clinton jetzt ihre persönliche politische Strategie abgesteckt. Wenn Obama am 4. November wirklich zum Präsidenten gewählt werden sollte, hat sie sich den Status als führende Stimme des amerikanischen Liberalismus gesichert - in dieser Rolle folgt sie dem kranken Senator Edward Kennedy. Und wenn Obama verlieren sollte, wie sie es im Vorwahlkampf immer wieder vorhergesagt hat, dann ist sie ohne Schuld und steht bereit, wenn sich ihr die Partei dann doch in vier Jahren zuwenden will.

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17 Mal tauchte in Clintons Rede am Dienstag das kleine Wörtchen "ich" auf, ein englisches "I" in immer neuen Variationen. Am Mittwoch steht ihr Mann Bill Clinton auf der Rednerliste, der bislang kein Hehl aus seiner Obama-Skepsis gemacht hat. Die Ära der Clintons ist noch nicht zu Ende. (mapo/ AP/ derStandard.at, 27.8.2008)