Tallinn/Warschau - In Estland schlug der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel eine fast panische Angst vor Russland entgegen. Der kleinste der drei baltischen Staaten glaubt, ein ähnliches Problem wie Georgien zu haben. Denn Moskau wirft Tallinn immer wieder vor, die russische Minderheit zu diskriminieren.

Kurz vor Merkels Besuch in Tallinn am Dienstag warf Estlands Präsident Toomas Hendrik Ilves der Nato vor, keinen ausgearbeiteten Verteidigungsplan für das Baltikum zu haben. Ilves fordert von EU und Nato "mehr Härte" gegenüber Russland. Merkels Ziel auf ihren Besuchen in Estland und Litauen aber war, einerseits den östlichen Staaten in der EU entgegenzukommen, also Moskau gegenüber härter als bisher aufzutreten, andererseits aber den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen.
Die Anerkennung von Südossetien und Abchasien durch den russischen Präsidenten sei völkerrechtswidrig und "absolut nicht akzeptabel" , sagte Merkel. "Dieses widerspricht nach meiner Auffassung dem Prinzip der territorialen Integrität." Gleichzeitig erklärte sie aber, sie sei weiter zum Dialog mit Russland bereit. Die Angst vor Moskau könnte zu einer Spaltung in der EU führen. Die östlichen Mitgliedstaaten halten die Vermittlungsbemühungen des Westens im Georgienkrieg für zu lasch. (Gabriele Lesser/DER STANDARD, Printausgabe, 27.8.2008)