Brigid Weinzinger und Martin Fasan einst beim Protest gegen die Angelobung des FP-Abgeordneten Ernest Windholz im Jahr 2000. Jetzt wird intern wegen ihres Abgangs aus der Politik protestiert.

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St. Pölten - Ist bei den Grünen Niederösterreich schon Feuer am Dach oder versucht lediglich jemand zu zündeln? Einem anonymen Schreiben zufolge brennt es bereits (siehe unten).

Begonnen hat der Streit, weil Brigid Weinzinger keinen wählbaren Platz auf der Kandidatenliste für die Nationalratswahl bekam. Gebrodelt hatte es schon seit der Niederlage bei der Landtagswahl im März. Danach wurde dem langjährigen Pressesprecher der Grünen NÖ, Rudi Leo, gekündigt. Zwei Monate später gab der Landtagsabgeordnete Martin Fasan seinen Rückzug aus der Politik bekannt.

Der Verfasser von einer Weinzinger in den Mund gelegten Rede, von deren Urheberschaft sich die Genannte aber distanziert, schreibt von "Verflechtungen" innerhalb der Partei. Der Grüne Landtagsklub und die Landespartei seien fest in den Händen des aktuellen Listen-Ersten - und Grünen Multifunktionärs auf Bundesebene - Dieter Brosz und des Landesgeschäftsführers Thomas Huber (dessen Frau wiederum die Landtagsabgeordnete Helga Krismer ist). Die jetzige Listenzweite für die Nationalratswahlen, Tanja Windbüchler-Souschill, sei die Ehefrau von Hubers Assistenten. Das Gespann Brosz-Huber betreibe "selektive Informationspolitik". Auf wichtigen Posten säßen inzwischen nur Ja-Sager.

Für Dieter Brosz stellen diese Sätze "tiefe persönliche Untergriffe" dar. Wer der Verfasser der Rede sei, wisse er, sagt er im Standard-Gespräch. Der Schreiber agiere nur aufgrund einer persönlichen politischen Enttäuschung so. Tanja Windbüchler-Souschill stimmt Brosz zu: "Ich habe das Gefühl, als wären Weinzinger und ich das Ventil für etwas, wofür wir nichts können."

"Schwer ersetzbar"

"Brigid Weinzinger wird sehr schwer zu ersetzen sein", meint hingegen Martin Fasan. Der langjährige Grüne Landtagsabgeordnete und Verkehrsexperte, der 1998 zusammen mit Weinzinger den Einzug in den Landtag schaffte, beendet mit September 2008 seine landespolitische Karriere. Die jüngsten Entwicklungen bei der Landespartei werfen für Fasan "mehrere Fragen" auf. Etwa jene nach den "ökologischen Kompetenzen" in der Partei. Diese habe Weinzinger neben ihrem Wissen über Tierschutz und Menschenrechte durchaus gehabt. Als ihre Nachfolgerin werde Windbüchler-Souschill einiges zu tun haben, um sich einzuarbeiten: "Ich traue ihr das aber absolut zu", sagt Fasan.

Nicht zufrieden mit dem Verlauf der Kandidatenkür ist man auch in der Grünen Bundespartei. Die "Frage, wer in den Ländern über was und wen entscheidet" sei derzeit nicht optimal gelöst, meint Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny. Die Neuwahlen seien mitten in einen "wichtigen parteiinternen Prozess der Organisationsentwicklung" geplatzt, der das Ziel habe, "zu klären, was Basisdemokratie kann und soll". Denn Probleme gebe es nicht nur in Niederösterreich, sondern auch bei anderen Grünen Landesorganisationen: "Wir müssen daran arbeiten, dass Kritik und jene, die sie äußern, in personelle Entscheidungen miteinbezogen werden". Dass Weinzinger die Politik verlässt, bedauert Sburny sehr.

"Es gibt nach wie vor Probleme in der internen Kommunikation . Damit kämpft jede Partei", sagt indes Brosz zum Standard. Trotz bereits erfolgter Verbesserungen sei noch einiges zu tun. In der Grünen Bundesorganisation ist er unter anderem für strategische Fragen und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. (Irene Brickner Gudrun Springer/DER STANDARD Printausgabe, 27. August 2008)