Foto: SJ

Unter dem Titel „Die Mehrheit der Rechten brechen! Schwarz - Blau - Orange verhindern!" präsentierte die Sozialistische Jugend Österreich (SJÖ) vor dem Parlament in Wien ihre Kampagne zur Nationalratswahl 2008.

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Die Sozialistische Jugend (SJ) startet in den Wahlkampf. Bei einer vor dem Parlament veranstalteten Aktion wurden am Mittwoch die Wahlkampfforderungen präsentiert, unter anderem die Abschaffung der Studiengebühren.

Wolfgang Moitzi, der Vorsitzende der SJ, erklärt im Interview mit derStandard.at, warum die Anti-Teuerungsvorschläge der SPÖ keine leeren Wahlversprechen sind, die SPÖ Politik mit einer stärkeren "sozialdemokratischen Handschrift" machen sollte, und warum er täglich die Kronen Zeitung liest.

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derStandard.at: In einer ersten Reaktion habe Sie die Anti-Teuerungsmaßnahmen positiv bewertet. Kritiker sagen aber, es sind Wahlzuckerl. Was kontern sie denen?

Moitzi: Ich denke nicht, dass die Forderungen nur Wahlzuckerl sind. Aufgrund der außergewöhnlichen Situation, dass es eine Teuerung gibt, die so hoch ist, wie seit Jahren nicht, ist es eine rasche Hilfe für die Menschen. Wir von der SJ haben von Anfang an gesagt, dass fortschrittliche soziale Maßnahmen in einer Koalition mit der ÖVP sehr schwer umzusetzen sind. Jetzt nutzt man erfreulicherweise das Zeitfenster, das es bis zu den Neuwahlen gibt.

Dass der Anschein eines Wahlzuckerls bei manchen hängen bleibt, ist vielleicht durchaus verständlich, aber es geht darum, die sozialen Probleme in Österreich anzupacken und eine Politik zu machen, die eine sozialdemokratische Handschrift trägt, und nicht so weiterzumachen wie in der Großen Koalition.

derStandard.at: Die Unis sagen aber, dass sie jetzt schon drastisch unterfinanziert sind und wenn die Studiengebühren wegfallen, dass sie dann "den Laden zusperren" können.

Moitzi: Es ist sicher kurzfristig. Aber es geht ja darum, dass man aus den anderen Budgettöpfen den Ausfall bei den Universitäten kompensiert, um die Studiensituation zu verbessern.

derStandard.at: Finden Sie es nicht seltsam, dass die SPÖ noch im Juli geschworen hat, sich an das Stillhalteabkommen zu halten und jetzt plötzlich nicht mehr?

Moitzi: Wir hätten uns schon damals gewünscht, dass sich die Partei Mehrheiten für die Maßnahmen sucht. Wir waren sehr unzufrieden, dass dieser Weg nicht gleich eingeschlagen worden ist. Ich bin froh, dass es jetzt passiert. Es ist noch nicht zu spät, diese Maßnahmen umzusetzen.

derStandard.at: Es gibt ja nicht nur die Forderung nach der Abschaffung der Studiengebühren, sondern zum Beispiel die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Das betrifft alle, nicht nur die, die wenig Geld haben und ist laut Experten nicht "sozial treffsicher". Wieso soll ein Millionär billigere Lebensmittel bekommen?

Moitzi: Der Vorschlag ist schon ok. Die Mehrwertsteuer ist eine Steuer, die den großen Mittelstand betrifft und entlastet. Vor allem niedrige und mittlere Einkommen geben prozentuell mehr Geld für Lebensmittel aus.

Ein Richtungswechsel mit mehr sozialdemokrtischer Handschrift ist jetzt in Konturen erkennbar. Wir als SJ würden uns aber trotzdem eine Steuerreform wünschen, die umverteilende Wirkung hat. Momentan ist es so, dass der Faktor Arbeit hoch belastet ist und das Kapital in Österreich sehr sehr gering.

derStandard.at: Für die Forderungen sucht sich die SPÖ jetzt Mehrheiten im Parlament. Was sagen Sie dazu, dass die SPÖ jetzt mit der FPÖ zusammenarbeiten könnte?

Moitzi: Die Vorschläge werden eingebracht und jeder ist eingeladen zuzustimmen. Dass das eine Vorbereitung für eine Rot-Blaue Koalition sein soll, ist eine Propaganda der ÖVP. Es ist der Versuch, die SPÖ in die Nähe der FPÖ zu rücken. Das ist aber Unsinn. Es gibt einen Parteitagsbeschluss, an den sich die SPÖ zu halten hat, wo eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen wird. Durch das freie Spiel der Kräfte im Parlament ergeben sich natürlich Mehrheiten, es sind aber alle Parteien im Parlament aufgefordert, den Maßnahmen zuzustimmen. Ansonsten müssen sie den WählerInnen erklären, warum sie die Entlastungsschritte nicht gesetzt haben. Es ist keine Vorarbeit für eine Rot-blaue Koalition.

derStandard.at: Welche Koalition wünschen Sie sich nach der Wahl?

Moitzi: Eine Große Koalition schließen wir aus. Mit der ÖVP ist es unmöglich, fortschrittliche Positionen umzusetzen. Eine Alleinregierung der SPÖ ist zur Zeit leider etwas utopisch. Vielleicht geht sich eine rot-grüne Mehrheit aus. Aber auch eine Minderheitsregierung ist für uns denkbar und sinnvoll.

derStandard.at: Lesen Sie eigentlich gerne die Kronen Zeitung? Zur Zeit vielleicht lieber als früher?

Moitzi: Ich lese prinzipiell alle Tageszeitungen - auch die Kronen Zeitung, weil sie zur Österreichischen Medienlandschaft gehört. Ob gern oder nicht. Es ist jeder Zeitung überlassen, ob sie einen Kandidaten unterstützt. Man kann der Kronen Zeitung nicht verbieten, dass sie für SPÖ schreibt.

Wir alle wissen, dass die Kronen Zeitung manchmal Themen sehr stark kampagnisiert. Das kann manchmal problematisch sein. Ich habe damals bei der Veröffentlich des Leserbriefes von Gusenbauer und Faymann auch gewünscht, dass es vorher parteiinterne Diskussionen gegeben hätte. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 27.8.2008)