Die Arbeitsbelastung der Polizisten in Österreich ist regional sehr unterschiedlich. Das dokumentiert eine bisher unveröffentlichte Studie des Bundeskriminalamts, die der APA vorliegt. Hatte ein burgenländischer Polizist im Jahr 2006 durchschnittlich sechs Strafanzeigen pro Jahr zu bearbeiten, musste sich sein Wiener Kollege im selben Zeitraum mit 36 herumschlagen. Ein Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2005 zeigt zudem den Personalrückgang der Exekutive in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends, bei gleichzeitig steigenden Anzeigen und absackender Aufklärungsquote.

"In Österreich ist es unbestritten, dass wir heute um mehrere 1.000 Polizisten weniger haben als im Jahr 2000", sagte ein Experte im Zusammenhang mit der derzeit laufenden Diskussion um die Kriminalstatistik. Das weist auch der Rechnungshofbericht von 2005 aus: Dabei wurde unter anderem der Personalstand der Jahre 2000 bis 2004 zur Entwicklung der Gesamtkriminalität und den Aufklärungsquoten gegenübergestellt. 27.430 Beamte (tatsächlich besetzte Planstellen) hatten 560.306 angezeigte Straftaten im Jahr 2000 zu bearbeiten und klärten davon 48,7 Prozent auf. 2004 klärten 24.913 bzw. 26.120 Beamte (Teile der Zollwache waren wegen der EU-Erweiterung in jenem Jahr in der Polizei aufgegangen, Anm.) 38,1 Prozent von 643.648 angezeigten Fällen.

"Bundesländervergleich Exekutive - Kriminalität"

Die der APA vorliegende Studie zur polizeilichen Kriminalstatistik mit dem Titel "Bundesländervergleich Exekutive - Kriminalität" für das Jahr 2006 weist zudem regional sehr große Unterschiede im Verhältnis der Zahl der Beamten und jener der Anzeigen aus. Vor allem das Burgenland und Wien stechen an den entgegengesetzten Enden der Statistik heraus.

Im Burgenland versahen mit dem Stichtag 1. Dezember 2006 1.704 Polizeibeamte ihren Dienst, das waren 6,6 Prozent der 25.660 Beamten in Österreich. Diese hatten 10.175 nach dem Strafrecht angezeigte Fälle oder 1,7 Prozent Anteil des Anzeigenaufkommens in Österreich im Jahr 2006 zu bearbeiten. Das bedeutete, dass jedes Exekutivorgan im Burgenland im Jahr sechs Anzeigen, also eine in jedem zweiten Monat oder 0,5 pro Monat zu bearbeiten hatte.

Ganz anders Wien: In der Bundeshauptstadt gab es zum selben Stichtag 6.070 Beamte oder 23,7 Prozent aller österreichischer Polizisten. Diese hatten sich allerdings um 37,1 Prozent der in Österreich angefallenen Anzeigen (in Absolutzahlen: 218.615) zu kümmern. Das bedeutete pro Beamten 36 zu bearbeitende Fälle im Jahr oder drei im Monat.

Prototypisch ideal war in diesem Zusammenhang Vorarlberg: Dort kümmerten sich 3,5 Prozent der Beamten Österreichs (absolut: 900) um 3,5 Prozent der Strafanzeigen (20.845).

"Es ist eigentlich ganz einfach: 400 bis 500 Beamte aus dem Burgenland abziehen und nach Wien geben. Kriminalität muss man zuerst in den Ballungszentren bekämpfen", kommentierte das ein Experte. Dass entsprechende Konsequenzen nicht gezogen würden, liege vermutlich am politischen Willen.

Mehr Beamte für Wien notwendig

Dass gerade Wien mehr Beamte benötigt werden, hatte der scheidende Polizeipräsident Peter Stiedl bereits im vergangenen Dezember bei einem APA-Interview gesagt. Angesprochen auf die niedrige Aufklärungsquote, meinte er: "6.200 Planposten hatten früher die Uniformierten allein." Vor allem die Zahl der Kriminalbeamten sei zu wenig. "Früher hatten wir 1.200 Kriminalbeamte, jetzt sind es nur mehr 700."

Sieht man sich Raub-Statistik im Vergleich Österreichs mit Deutschland plus dem extra ausgewiesenen Bayern nach den sogenannten Häufigkeitszahlen (Fälle pro 100.000 Einwohner) genauer an, so bemerkt man, dass in Österreich die Zahlen von rund 31 Raubüberfällen pro 100.000 Einwohner im Jahr 1993 auf mehr als 58 im Jahr 2005 angestiegen sind. In Deutschland ging dieser Wert von 76,3 (1993) auf - noch immer mehr als in Österreich - 66,5 (2005) zurück. Dort wurde aber immerhin auch jeder zweite Raub (Quote: 50,9 Prozent) aufgeklärt. In Österreich war es gerade einmal jeder dritte.

In Bayern kamen in Jahr 1993 auf 100.000 Einwohner statistische 31,3 Raube, im Jahr 2005 waren es 25,9. Mehr als zwei Drittel davon wurden auch aufgeklärt.

Noch eine Zahl: Mehr als 80 Prozent der im Jahr 2006 in Österreich angezeigten Fälle nach den Paragrafen 142 und 143 StGB (Raub und schwerer Raub) wurden in Wien begangen. Die Aufklärungsquote sei demgegenüber erschreckend gering. Entsprechend die Kritik aus dem Apparat: "Raub kommt in der Schwere der Delikte an dritter Stelle. Wenn wir bei so einem Delikt kapitulieren, dann können wir gleich zusperren", meinte ein hochrangiger Beamter zur APA.

Doch es gibt auch andere Stimmen, dass genau diese Statistik mit Vorsicht zu genießen sei: "Darin sind auch Handyraube enthalten. Nicht jedes Wegnehmen eines Mobiltelefons, das als Raub angezeigt wird, ist auch wirklich einer", erläuterte ein Wiener Kriminalist. (APA)