Wien/Graz - Eine eigene, unabhängige Kommission solle in Zukunft Meldungen von Polizeiübergriffen überprüfen. Das fordert der im Innenministerium angesiedelte Menschenrechtsbeirat (MRB) nach den jüngsten Vorwürfen gegen Polizeibeamte in Wien und in Graz.

Wie der Standard berichtete, soll in der Bundeshauptstadt ein Passant, der bei Rot über die Kreuzung gegangen war, von einem Polizisten schwer misshandelt worden sein. Das mutmaßliche Opfer, ein 45-jähriger Soziologe, musste mehrere Tage stationär im Spital behandelt werden. Der Polizist und ein Kollege, der zwar nicht mitgeprügelt aber zugesehen haben soll, sind bis auf weiteres vom Dienst suspendiert. In Graz wiederum sollen zwei Beamte des Stadtpolizeikommandos einen Mann niedergeschlagen und ihn schließlich am Boden fixiert haben, weil er angeblich betrunken mit dem Auto gefahren sei. Der Alko-Verdacht bestätigte sich aber nicht. In beiden Fällen hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Polizisten eingeleitet.

Frühere Empfehlung erfüllt

Auch der Menschenrechtsbeirat wurde umgehend von den neuen Vorwürfen informiert. Was für Walter Witzersdorfer von der Geschäftsstelle des MRB schon einmal positiv ist, wurde damit doch immerhin eine frühere Empfehlung erfüllt. Was nun angestrebt werde, sei die Schaffung eines ordentlichen Beschwerdeweges, der nicht nur über die Polizei führt. "Denn derzeit werden Vorwürfe gegen Polizisten nur von Polizisten untersucht, wenn auch im Auftrag der Staatsanwaltschaft", sagte Witzersdorfer am Montag im Gespräch mit dem Standard. Einer Kommission, in der Menschenrechtsexperten, Ärzte und sonstige qualifizierte Experten säßen, würde mehr Vertrauen entgegengebracht, ist er sich sicher. Die Polizei müsse weiterhin vertreten sein, weil auf diese Weise schnell dienstrechtliche Konsequenzen gezogen werden könnten.

Im MRB-Bericht "Polizei als Täter" vom Vorjahr wird weiters vorgeschlagen, auch strafrechtlich nicht relevante Vorwürfe von einer derartigen Kommission untersuchen zu lassen. Eine Arbeitsgemeinschaft ist derzeit dabei, rechtliche Rahmenbedingungen zu prüfen. Witzersdorfer: "Eine Kommission kann einer Staatsanwaltschaft natürlich niemals Anweisungen geben. Aber es gibt ja viel mehr Beschwerden, die mit dem Strafrecht gar nichts zu tun haben und bei denen es schon reichen würde, wenn man mit den Beschwerdeführern ein klärendes Gespräch führt." Er ist überzeugt davon, dass die meisten Polizisten für eine transparente Kontrolle von Beschwerden sind, denn das könne sich ja auch entlastend auswirken. (simo/DER STANDARD-Printausgabe, 26.8.2008)