Bild nicht mehr verfügbar.

Anton Wais

Foto: AP/Lilli Strauss

Wien - Es sind noch 858 Tage bis zur Vollliberalisierung der europäischen Postmärkte per 1. Jänner 2011. Doch: "Wir haben überhaupt keine gesetzliche Basis für die Marktöffnung in Österreich", sagte Post-General Anton Wais im Gespräch mit der "Presse". Seine Forderung an die neue Regierung: "Die Postliberalisierung muss in das Regierungsprogramm."

Wais gehe es vor allem um die bundesweite Versorgung der Bürger und der Wirtschaft mit Postdienstleistungen - um den sogenannten Universaldienst. "Es ist ganz entscheidend für den Wirtschaftsstandort, dass dieses Service gesichert ist." Außerdem gehe es auch um die Aufrechterhaltung der Infrastruktur im ländlichen Raum. Kritik, dass die Post es mit diesem Postulat ohnehin nicht mehr so genau nehme, hat sich Wais vor allem gefallen lassen müssen, als viele Postämter zugesperrt wurden. Derzeit umfasst das Filialnetz der Post noch 1.300 eigene Postämter.

Notwendig sei ein völlig neuer legistischer Ansatz, nämlich ein Postmarktgesetz, so Wais. Das bestehende Postgesetz wurde zum letzten Mal 2005 novelliert. "Das war für das Monopol, das noch für Briefe unter 50 Gramm existiert, gut, aber es reicht überhaupt nicht, wenn der Markt offen ist", sagte der Post-Chef.

Drohende Umsatzeinbußen

Der Hintergrund seiner Forderung: In Ländern, wo der Postmarkt schon geöffnet ist (etwa seit 1993 in Schweden, 2006 in Großbritannien und 2008 in Deutschland) mussten die Post-Konzerne Umsatzeinbußen von bis zu 30 Prozent hinnehmen. Bei den Mengen gab es einen Rückgang von bis zu 15 Prozent. Als Gegenreaktion wurden in Schweden und in Großbritannien die Zahl der eigenen Postämter radikal um rund 95 Prozent reduziert und stattdessen Postpartner installiert. Ein Weg, den die heimischen Post auch schon gegangen ist - wenn auch in einer kleineren Dimension. Die Deutsche Post hat mit dem Mindestlohn Mitbewerber vom Markteintritt abgehalten - allerdings laufen bereits in zwei Bundesländern Einspruchsverfahren.

Wais rechnet damit, dass hierzulande zumindest zwei große Konkurrenten auftreten werden und der Post in den Ballungsräumen Wien, Linz, Salzburg, Innsbruck, dem Rheintal und Graz Kunden abwerben werden. Zumal der Markteintritt rund 20 bis 25 Mio. Euro kosten dürfte, schätzt der Post-Chef.

Damit die Post im Wettbewerb bestehen kann, sollte das Gesetz, das Wais schon für 2009 fordert ("wir brauchen einen Planungshorizont"), gleiche Marktbedingungen für alle Wettbewerber enthalten: Bisher muss die Post flächendeckend gleiche Preise anbieten. Damit kommt sie laut Wais gegenüber der Konkurrenz vor allem in Ballungsräumen ins Hintertreffen. Deshalb wünscht sich Wais auch für den Ex-Monopolisten eine Preisstaffelung, und zwar schon ab 2010.

Universaldienst

Gleiche Bedingungen sollen auch im Universaldienst geschaffen werden: Jetzt hat die Post strenge Auflagen zu erfüllen, die auch von der EU überprüft werden: 93 Prozent der Pakete müssen zwei Tage nach Aufgabe zugestellt sein, 95 Prozent der Briefe einen Tag nach Aufgabe. "Für unsere Konkurrenz gilt das nicht, auch Hermes muss sich nicht daran halten", kritisierte Wais.

Der wichtigste Punkt im neuen Gesetz betrifft die Finanzierung des Universaldienstes. "Das Beste ist ein Lizenzsystem", streute Wais dem Vorschlag von Postgewerkschafts-Chef Gerhard Fritz Rosen. Demnach soll jeder Marktteilnehmer eine Lizenz bekommen und pro beliefertem Haushalt und Monat einen Euro zahlen.

Ein solcher Universaldienst-Topf würde allein von der Post mit rund 48 Mio. Euro gespeist. Je nach Ambitionen der Konkurrenz könnte der Fonds auf ein Volumen von 70 bis 80 Mio. Euro kommen. Aus diesem Geld sollte die Überprüfung der Marktregeln finanziert werden, einen Teil sollen Markt-Newcomer erhalten.

Einen Mindestlohn wie in Deutschland wird es hierzulande nicht geben. Die Post-Gewerkschaft fordert jedoch einen Branchen-Kollektivvertrag für alle Mitarbeiter neuer Marktteilnehmer. Um diesen auszuarbeiten wurde bereits eine Arbeitsgemeinschaft in der Wirtschaftskammer installiert.

Auch der Wahlkampf erfasst die Post. Im Interview mit dem Magazin "Trend" griff SPÖ-Chef und Infrastrukturminister Werner Faymann das "hoch bezahlte" Management an, das es seiner Ansicht nach verabsäumt habe, die Post auf die Liberalisierung ab 2011 vorzubereiten und nur "im großen Stil Filialen schließen" wolle.

Faymann brachte klar zum Ausdruck, dass er nichts gegen die Ablöse von Post-Chef Anton Wais hätte. Verantwortlich sei aber Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP), bei dem die ehemalige Verstaatlichtenholding ÖIAG ressortiert, über welche die Republik 51 Prozent der Post-Aktien hält.

Dass sich der SPÖ-Chef auf Wais einschießt, ist insofern erstaunlich, als der Post-Chef klar der roten "Reichshälfte" zuzuordnen ist. Offenbar verfolgt die SPÖ die Strategie, die ÖVP im Feld der einstigen Staatsunternehmen zu attackieren, berichtet "Die Presse". Am Sonntag erklärte auch SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter, unwillige Vorstandsdirektoren von Post oder AUA "müssten abgelöst werden". (APA)