Wah - Bei dem schwersten Anschlag auf eine Militäreinrichtung in der Geschichte Pakistans sind mindestens 70 Menschen getötet worden. Mehr als 100 weitere wurden bei dem doppelten Selbstmordanschlag vor der wichtigsten Waffenfabrik des Landes verletzt, viele davon schwer. Zum Schichtwechsel sprengten sich laut Polizei zwei Männer nahezu zeitgleich vor dem Werk in der Ortschaft Wah nahe der Hauptstadt Islamabad in die Luft. Zu dem Attentat bekannten sich die radikalislamischen Taliban. Es war der zweite schwere Anschlag in Pakistan nach dem Rücktritt von Staatschef Pervez Musharraf am Montag.

Die Zahl der Toten sei auf 64 gestiegen, sagte ein örtlicher Polizeivertreter. Zuvor hatte die Waffenfabrik mitgeteilt, es seien mindestens 59 Arbeiter ums Leben gekommen und 67 weitere verletzt worden.

"Die Explosion ereignete sich, als die Leute nach der Arbeit aus der Fabrik strömten", sagte ein Rettungshelfer. Vor Ort waren Dutzende Soldaten, Polizisten und Rettungskräfte im Einsatz. 25.000 bis 30.000 Arbeiter produzieren in der Pakistani Ordnance Factory in Wah Artillerie, Panzer und Munition für die pakistanische Armee.

Offenbar "Vergeltung" für Offensiven der pakistanischen Armee

Der Sprecher der Talibanbewegung Pakistans (TTP), Maulvi Omar, sagte in einem Anruf bei der Nachrichtenagentur AFP, die Organisation habe Vergeltung für Offensiven der pakistanischen Armee gegen islamistische Rebellen geübt. Sollte die Armee ihre Angriffe in den von islamistischen Rebellen kontrollierten Stammesregionen nicht stoppen, drohten weitere Anschläge in Islamabad und anderen Großstädten. Vor zwei Wochen hatte die pakistanische Armee eine Offensive gegen islamistische Rebellen in Bajaur in der Grenzregion zu Afghanistan begonnen. Im Juli fand ein ähnlicher Einsatz im Swat-Tal statt.

Der pakistanische Regierungschef Yousaf Raza Gilani verurteilte die Anschläge und rief dazu auf, die Hintermänner der Attacke zu stellen. Der Doppelanschlag in Wah war bereits das zweite Attentat nach dem Rücktritt von Staatschef Pervez Musharraf am Montag. Am Dienstag waren bei einem Selbstmordanschlag auf ein Krankenhaus im Nordwesten Pakistans 30 Menschen getötet worden.

Machtwechsel

US-Präsident George W. Bush sicherte Gilani seine Unterstützung im Kampf gegen Extremisten zu. Bushs Sprecher Gordon Johndroe sagte in Washington, der US-Präsident habe dem Premier zudem sein Beileid wegen der Anschläge ausgesprochen. In einem weiteren Telefonat dankte Bush demnach Musharraf für seine Hilfe im Kampf gegen das Terrornetzwerk Al Kaida und andere Extremisten.

Die pakistanische Informationsministerin Sherry Rehman sagte in Islamabad, Bush habe Gilani angerufen, um mit ihm über die Lage in Pakistan nach Musharrafs Rücktritt zu sprechen. Der US-Präsident habe den Regierungschef zu dem reibungslosen Machtwechsel beglückwünscht und ihm und der Koalitionsregierung seine Unterstützung zugesichert. Rehman teilte zudem mit, der Zeitplan für die Wahl eines neuen Staatschefs werde in den kommenden zwei Tagen bekanntgegeben. (APA)