In diesem Sommer ist der Fernsehmarkt des neuen EU-Mitglieds Bulgarien richtig in Schwung gekommen. Große internationale Mediengruppen wie die skandinavische MTG (Modern Times Group) oder die an den Börsen in Prag und New York notierte CME (Central European Media Enterprises) des ehemaligen US-Botschafters in Wien, Ronald Lauder, bezahlen hohe Preise für private bulgarische TV-Unternehmen. "Fernsehsender verkaufen sich wie Popcorn", beschrieb die Zeitung "24 Tschassa" die Hochkonjunktur auf dem heimischen TV-Markt.

So übernimmt MTG um 620 Mio. Euro den nach Zuschauerzahl zweitgrößten Sender im Lande - die zur griechischen Antenna Group gehörende Nova TV. Mehr wurde bisher nur für die früher staatliche Telekom bezahlt. Kurz zuvor hatte die CME um umgerechnet 110 Mio. Euro zwei vielversprechende TV-Kanäle zu 80 Prozent gekauft. Diese Beträge seien jedoch Kleingeld im Vergleich zum erwarteten Preis von mindestens einer Milliarde Euro für Rupert Murdochs bTV, meinen Branchenkenner. Die News Corporation des Medienmoguls hatte bereits bestätigt, dass der Marktführer bTV zum Verkauf steht.

Digitalisierung

Experten erklären diesen Verkaufsboom mit der bevorstehenden Digitalisierung der Übertragungstechnik im Jahr 2012. Die neue Technologie würde dann die landesweite Verbreitung der Programme von bis zu 50 TV-Sendern ermöglichen. Was angesichts der Einnahmen aus Werbung sowie der höchstens sieben Millionen Zuschauer in dem Balkanland eine viel zu große Zahl wäre. Deswegen wird lieber heute als morgen verkauft. "Ich habe diesen Trend erwartet", sagt der Ex-Direktor des staatlichen Fernsehens BNT, Hatscho Bojadschiew.

Auch das günstige Wirtschaftsklima nach dem EU-Beitritt 2007 und der rasant wachsende Markt für Fernsehwerbung haben diesen Trend gefördert. Im Jahr 2006 hatte die TV-Werbung nach Berechnungen des Instituts Market Links einen Umfang von gut 350 Mio. Lewa (179 Mio. Euro). Ein Jahr später waren es bereits mehr als 566 Mio. Lewa. Mittelfristig wird von einem Anstieg von 20 Prozent im Jahr ausgegangen. Die Einnahmen aus Zeitungswerbung sind im Vergleich dazu bescheiden. Sie erreichten im letzten Jahr nach einer Studie von TNS/TV Plan umgerechnet 78 Mio. Euro (2006: 70 Millionen Euro).

Experten und Produzenten begrüßen den "positiven Wandel" auf dem TV-Markt. Die harte Konkurrenz werde - wie nach dem marktwirtschaftlichen Lehrbuch - Vorteile für die Zuschauer und auch für die Werbebranche bringen. Sie werde die Fernsehlandschaft im kleinen Bulgarien mit derzeit mehr als 200 nationalen und regionalen TV-Kanälen neu ordnen, da nicht alle Sender überleben würden. Doch der renommierte Medienkritiker Georgi Losanow befürchtet einen Qualitätsverfall der Programme sowie die stärkere Kommerzialisierung. Nach der "großen Fernseh-Revolution" werde nichts mehr beim Alten bleiben, erwartet die Wirtschaftszeitung "Kapital" in Sofia. (APA/dpa)