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Der Flughafenbetreiber BAA ruhe sich auf seiner Alleinstellung aus, so der Vorwurf.

Foto: Reuters/Suzanne Plunkett

London - Die Luftfahrt-Branche in Großbritannien steht vor der wichtigsten Umwälzung seit mehr als zwei Jahrzehnten. Nach monatelanger Prüfung übte die britische Wettbewerbskommission gestern heftige Kritik am Flughafen-Betreiber BAA und empfahl den Verkauf von insgesamt drei Airports, davon zwei in London. Das käme einer Zerschlagung der Tochterfirma des spanischen Ferrovial-Konzerns gleich, die im reichen Südosten der Insel mit den drei größten Londoner Airports Heathrow, Gatwick und Stansted ein Quasi-Monopol genießt.

Die "mangelnde Initiative" des BAA-Managements habe "schlechteren Service für Fluggesellschaften und Passagiere zur Folge", sagte der Untersuchungsführer Christopher Clarke. Airlines und Oppositionspolitiker äußerten sich begeistert, die Labour-Regierung behielt sich mit Verweis auf die Vorläufigkeit des Berichts eine Bewertung vor.

Mit ihrer Untersuchung reagierte die Wettbewerbs-Kommission auf die anhaltenden Klagen der Airlines über hohe Gebühren sowie die chaotischen Zustände auf BAA-Flughäfen, besonders in Heathrow, dem größten internationalen Airport der Welt.

Anders als die Konkurrenten auf dem Kontinent wie Amsterdams Schiphol, Charles de Gaulle in Paris oder der Frankfurter Rhein-Main-Airport operiert Heathrow permanent am Rand der Auslastungsgrenze. Im vergangenen Jahr benutzten 68 Millionen Passagiere den aus allen Nähten platzenden Airport, durch den neuen Terminal 5 entsteht Kapazität für weitere 30 Millionen.

Inzwischen plant BAA eine dritte Startbahn und das sechste Abfertigungsgebäude. Dagegen laufen nicht nur die Anwohner seit Monaten Sturm; auch die EU-Kommission warnte kürzlich davor, bei weiterer Expansion werde Heathrow bald gegen europäische Abgas-Richtlinien verstoßen.

Erst wenn die Kapazitätsprobleme gelöst seien, argumentiert hingegen BAA-Vorstandschef Colin Matthews, könnten die Flughäfen besseren Service bieten: "Die Frage des Eigentümers ist nicht so wichtig." Der 290-seitige Kommissionsbericht kommt zum gegenteiligen Schluss: "Ohne Wettbewerb besteht das große Risiko, dass die Engpässe andauern", weil sie letztlich im Interesse des Betreibers seien. (Sebastian Borger, London, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.8.2008)