Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA

Wien - Kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres fehlen noch immer 10.000 Lehrstellen. Laut aktuellen Zahlen des Arbeitsmarktservice (AMS) haben Ende Juli exakt 9.083 Jugendliche einen Ausbildungsplatz gesucht. Dazu kämen noch 5.312 Jugendliche, die zwar auch gerne einen Lehrplatz hätten, vom AMS aber eine Schulung bezahlt bekommen, berichtete das ORF-Radio am Mittwochvormittag. Insgesamt gibt es in Österreich derzeit 3.994 sofort verfügbare offene Lehrstellen. Die Lücke macht also 10.401 Stellen aus.

Die Lehrstellenlücke sei zwar um knapp zehn Prozent kleiner als vor einem Jahr, aber dies helfe den einzelnen Betroffenen auch nicht weiter, kritisierte Florian Zuckerstätter von der Gewerkschaftsjugend im Ö1-Morgenjournal. Für ihn ist vor allem die Wirtschaft für die Lücke verantwortlich. Wirtschaft und Industrie würden zwar Facharbeiter suchen, seien aber nicht bereit, diese auszubilden.

Ausbildungszahlen reduziert

In den letzten Jahren wurden laut Zuckerstätter genau in diesen Bereichen die Lehrlings-Ausbildungszahlen reduziert und somit auch die Facharabeits-Abschlüsse rückläufig gemacht. "Wo ich keine Menschen als Facharbeiter ausbilde, werde ich auch in weiterer Folge keine haben", betonte Zuckerstätter. Im Laufe des Sommers und des Herbstes würden zwar eine Reihe neuer Maßnahmen in Kraft treten, etwa die Ausbildungsgarantie für Jugendliche, hieß es. Auch der sogenannte Blum-Bonus für Lehrplätze sei reformiert worden. Das sei aber noch nicht ausreichend, meinte Zuckerstätter.

Der Lehrlingsbeauftragte der Regierung, Egon Blum, wies im ORF-Radio die Kritik zurück, dass der nach ihm benannte Blum-Bonus, eine Prämie für Lehrlinge ausbildende Unternehmen, ein Flop war. Vom neuen Modell, dem "Blum-Bonus Zwei", erhofft sich Blum 5.000 neue Lehrstellen.

Das AMS betonte im Ö1-Morgenjournal, dass alle Jugendlichen einen Ausbildungsplatz bekommen können, wenn auch nicht unbedingt einen Lehrplatz. "Wo es tatsächlich nicht gelingt, eine Lehrstelle zu finden, bieten wir eben rund 10.000 Ausbildungsplätze an, wo die Jugendlichen bei einem Ausbildungsträger - finanziert vom AMS - ihre Ausbildung machen können", sagte AMS-Chef Johannes Kopf. Außerdem würde die Zahl der Lehrstellen seit dem Jahr 2005 steigen - teils durch die gute Konjunktur, teils durch Förderungen.

Ein Problem sieht Kopf darin, dass die Anforderungen der Wirtschaft und die Wünsche und Möglichkeiten der Lehrstellensuchenden oft nicht zusammenpassen. In Westösterreich gebe es zum Beispiel mehr Lehrstellen als nötig, in Ostösterreich dagegen zu wenig.

Genauer informieren

Die Jugendlichen sollten sich auch genauer über Berufsmöglichkeiten informieren, sagte Kopf: "Vor allem bei Mädchen ist das eine erschreckende Zahl: 50 Prozent der Mädchen entscheiden sich bloß für drei Lehrberufe: die Einzelhandelskauffrau, die Bürokauffrau und die Friseurin." Dabei gebe es in Österreich 270 Lehrberufe "mit spannenden Ausbildungen" und teilweise auch "deutlich besseren Zukunftsaussichten". Bei den Burschen sei es ähnlich: Jeder Dritte möchte Kfz-Mechaniker werden.

Während im Friseur- oder im Metall- und Elektrobereich ein Lehrstellenmangel herrscht, gibt es laut AMS-Zahlen im Fremdenverkehr oder bei den Berufen Restaurantfachmann und Koch einen Lehrstellenüberschuss. Im Fremdenverkehr gibt es laut AMS 1.603 sofort verfügbare offene Stellen bei insgesamt 730 Suchenden. Bei den Ausbildungsplätzen zum Restaurantfachmann sind 635 Stellen verfügbar (233 Suchende) und bei den Köchen gib es derzeit 535 offene Lehrstellen (324 Suchende).

Damit alle Jugendlichen die Chance "auf eine gute Ausbildung mit Zukunft haben", müsse das von den Sozialpartnern mit der Regierung vereinbarte Jugendbeschäftigungspaket "sofort umgesetzt werden", forderte der Präsident der Arbeiterkammer (AK), Herbert Tumpel, in einer Aussendung.

Für Jugendliche, die keine Lehrstelle im Betrieb finden, sollen insgesamt rund 15.000 Plätze angeboten werden, hieß es. Diese "Ausbildungsgarantie" sei teil des Pakets, das AK, Gewerkschaft, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer mit der Regierung bereits im Juni vereinbart haben. "Nötig ist auch, dass wir für mehr Lehrstellen mit Qualität sorgen, die den Lehrlingen nach dem Lehrabschluss gute Chancen im Beruf bringen", sagte Tumpel. (APA)