Wien - Schwarze Drogendealer, rumänische Einbrecherbanden, tschetschenische Gewalttäter. Wie über die von Fremden begangene Kriminalität berichtet wird, prägt naturgemäß das Bild der Öffentlichkeit. Mehrere Untersuchungen zeigen, dass diese Darstellung mitunter deutlich neben der Realität liegt - auch im Standard.

Fragt man bei Hannes Haas, Vorstand des Wiener Uni-Institutes für Publizistik und Kommunikationswissenschaft an, welche Studien es zur Thematik Fremde und Medien gibt, erhält man eine lange Literaturliste. Die Frage interessiert fächerübergreifend: Publizistik-Diplomanden ebenso wie ihre Kollegen und Kolleginnen in Soziologie und Germanistik.

Der Tenor ist bei allen Ergebnissen gleich: Boulevardmedien, speziell die Neue Kronen Zeitung, die mit fast drei Millionen Lesern reichweitenstärkste Zeitung des Landes, porträtieren Fremde im Zusammenhang mit Kriminalität einseitig - hauptsächlich als Täter und nur selten als Opfer.

Angelika Schreidl konzediert in ihrer 2004 erschienenen Diplomarbeit zum "Image des Ausländers als Konstrukt" der Krone, dass dabei ihre Positionierung als Boulevardmedium eine Rolle spielt - "only bad news are good news" gilt verstärkt als Vorgabe.

In ihrem Vergleich zwischen Kronen Zeitung und Standard zeigen sich daher deutliche Unterschiede. In ersterer wurden im Chronik-Ressort in 54,6 Prozent der Artikel Ausländer als kriminell dargestellt. Beim Standard waren es dagegen nur 40,8 Prozent. Interessant ist aber, welche Nationen signifikant am häufigsten im Zusammenhang mit Kriminalität genannt werden. In der Krone sind das Rumänien, Moldawien und "Afrika", im Standard Ungarn, Italien und "Afrika". Die Realität spiegeln beide nicht wieder. Denn die Staaten, aus denen die meisten fremden Täter in Österreich kommen sind Serbien, Deutschland, Bosnien-Herzegowina und die Türkei.

Ein weiterer Unterschied, den Schreidl ausgemacht hat: Während in der Krone 76 Berichten über fremde Täter nur 16 über fremde Opfer gegenüberstanden, lautete das Verhältnis beim Standard 24 zu 23. Verzerrt wird das Bild auch laut der Arbeit von Christoph Mößmer zum Thema "Migration und Fremdenfeindlichkeit in Printmedien". In den Fällen Marcus Omofuma und Cheibani Wague überwiegen in der Krone die Stimmen, die das Verhalten der Beamten rechtfertigen deutlich jene, die es kritisieren. Für Mößmer gilt dabei auch die "Schweigespirale" als mögliches Motiv: Es ist einfacher Themen nicht anzusprechen als diese zu bearbeiten und mit der dadurch aufkommenden Kritik umgehen zu müssen. (Michael Möseneder, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 20.8.2008)