Cambridge/Heidelberg - Ein deutsch-britisches Forscherteam hat das Erbgut des Erregers von Morbus Whipple entschlüsselt. Morbus Whipple ist eine seltene, chronische Infektionskrankheit des Dünndarms und meist auch anderer Organe. Erreger ist das Bakterium Tropheryma whippelii. Typische Beschwerden der Patienten sind chronischer Durchfall, Bauchschmerzen und Gewichtsverlust. Seltener aber doch kann auch das Gehirn befallen sein. Betroffene klagen über Doppelbilder, Vergesslichkeit und Schlaflosigkeit. Bis zu 20 Jahre später kann der Befall des Herzens oder des Gehirns tödlich enden. Männer sind acht mal so häufig betroffen.

Noch größer als das Erbgut zu analysieren war die Herausforderung, den Erreger zu züchten. Es dauerte 17 Monate, um ausreichend DNA für die Genomanalyse zu gewinnen. Nach zwölf Monaten Entschlüsselungsdauer bietet das Erbgut des Whipple-Erregers einige Besonderheiten, schreibt das Forscherteam vom britischen Sanger Institute in Cambridge und des Universitätsklinikums Heidelberg im britischen Fachblatt "The Lancet". Es umfasst weniger als eine Mio. Basenpaare, die Bausteine des Erbguts, und enthält 784 Gene, für ein Bakteriengenom relativ wenig. So fehlen T. whippelii zum Beispiel Gene für eine Drehscheibe des normalen Zellstoffwechsels, den Zitronensäurezyklus. Es fehlen auch Gene für die Bildung von drei Aminosäuren. Das Bakterium muss daher diese lebensnotwenigen Eiweißbausteine als Nährstoffe aufnehmen.

Vielzahl an Genen

Überraschend groß ist die Vielzahl an Genen, die für die Gestaltung der Zelloberfläche zuständig sind, sowie deren Wandlungsfähigkeit. Dies könnte erklären, warum T. whippelii Jahre lang im Körper verbleibt, ohne vom Immunsystem des Patienten beseitigt zu werden. Die ständige Veränderung der bakteriellen Oberfläche verhindert, dass sich die Immunzellen auf den unwillkommenen Eindringling einstellen und ihn beseitigen können.

Aufgrund der Seltenheit der ungewöhnlichen Infektionskrankheit gibt es bisher keine systematischen Studien zu einer Reihe von Fragen, so etwa zu den Krankheitsursachen, den genetischen Grundlagen oder zur verbesserten Diagnosestellung. Die Entschlüsselung könnte zur Klärung einiger noch offener Fragen beitragen. (pte)