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Die Basis der Nahrungskette: Eine hohe Konzentration von Phytoplankton in den Meeren ist hellgrün eingezeichnet.

Foto: APA/EPA/NASA/SEAWIFS

Northampton - Plankton kümmert sich um die Umwelt im Meer, aber anders als bisher gedacht. Forscher haben vor Ort, in den Gewässern des nördlichen Atlantiks, herausgefunden, dass Plankton-Algen zumindest ein Viertel ihrer Körpersubstanz durch die Aneignung von Bakterien erhalten. Das hat Auswirkungen darauf, wie die Nahrungskette und die Kontrolle von bakteriellem Plankton in den Ozeanen zu bewerten ist.

Phytoplankton ist die Basis der Nahrungspyramide im Meer. Lange Zeit nahm man an, dass es seine Biomasse mit Hilfe von Photosynthese aus Kohlenstoffdioxid und Nährstoffen aufbaut (daher der Name "Pflanzen-Plankton"). Nach Ansicht der Meeresbiologen Mikhail Zubkov vom National Oceanographic Centre in Southampton und Glen Tarran vom Plymouth Marine Laboratory (beide UK) bedeutet der "unerwartete Appetit" auf Bakterien, dass man In- und Output von Nahrung in den Meeren neu berechnen muss.

Im Labor konnten Algen auch durch reine Photosynthese überleben: Es gab aber bereits Studien, die die mixotrophe (das heißt unorganische wie organische Materie nutzende) Ernährung des Phytoplanktons zeigten, und in mathematischen Modellen ist die ökologische Bedeutung dieses Verhaltens nachgewiesen.

Wechselwirkungen

An Bord eines britischen Forschungsschiffes gelang den Biologen erstmals der Nachweis, dass die kleinen Algen für 40 bis 95 Prozent des Bakterienverzehrs in den oberen Schichten des Nordatlantiks verantwortlich sind; im durch tropische Strömungen beeinflussten Nordostatlantik sind es immer noch bis zu 70 Prozent.

In Nature beschreiben sie, wie sie in Viertelliter-Stichproben mit Tracer-Substanzen die Prozesse verfolgten, die das bakterielle Plankton verwandelte.

Wie komplex sich die Meeresökologie gestaltet, kann man schon daraus ersehen, dass sowohl am "oberen" Ende im Sinne der physischen Größe, also bei den Walen, wie bei allen Formen des Planktons komplexe Wechselwirkungen zum Überleben der jeweiligen Arten beitragen. Bakterioplankton etwa spielt eine Rolle bei der Fixierung von Stickstoff, bei Remineralisierung und bei Methanogenese. Es erhält Energie unter anderem, indem es sich das organische Material aneignet, das andere Organismen erzeugen.

Phytoplankton andererseits, dessen "großer Beitrag bei der Ernte von Bakterioplankton" laut Zubkov und Tarran neu zu bewerten ist, wird vom Zooplankton und von Tieren gefressen. Dabei wird es oft auf komplizierte Art aus dem Wasser gefiltert; eine typische Nahrungskette führt vom Plankton über den Krill zum Wal.

Die Bedeutung der neu entdeckten doppelten Ernährungsweise von Phytoplankton soll als Nächstes erforscht werden. (red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14./15. August 2008)