London - Die israelische Armee hat einer Panzerbesatzung korrektes Verhalten bei den tödlichen Schüssen auf einen Kameramann der Nachrichtenagentur Reuters bescheinigt. Vier Monate nach dem Vorfall teilte der oberste Staatsanwalt des Militärs der Agentur mit, die Soldaten hätten sich in der Situation angemessen verhalten und würden nicht strafrechtlich verfolgt. Der 24-jährige Kameramann Fadel Shana sowie weitere acht Zivilisten waren bei dem Zwischenfall im Gazastreifen im April tödlich von Stahlnadelgeschossen getroffen worden, die der Panzer aus etwa 1,5 Kilometern Entfernung direkt auf die Gruppe abgefeuert hatte.

Die Soldaten hätten nicht erkennen können, ob das Gerät, das Shana auf einem Stativ aufgebaut hatte, eine Abschussvorrichtung für Panzerabwehrraketen, eine Mörsergranate oder eine Kamera gewesen sei, teilte Brigadegeneral Awihai Mendelblit in seinem Schreiben mit, das am Dienstag einging. Zudem hätten der Kameramann und sein Tontechniker Schutzwesten getragen, "wie sie bei palästinensischen Terroristen üblich sind". Die Besatzung und ihre Vorgesetzten seien auf begründete Weise zu der Einschätzung gelangt, dass die Personen feindliche Absichten gehabt hätten und das Gerät sehr wahrscheinlich eine Waffe gewesen sei.

Reuters, der Verein der Auslandspresse in Jerusalem sowie das Komitee zum Schutz von Journalisten in New York äußerten sich zutiefst enttäuscht über die Entscheidung. "Mit dieser Haltung scheint die Armee den Standpunkt einzunehmen, dass die Positionierung einer Kamera eine tödliche Reaktion hervorrufen kann", erklärte Reuters-Chefredakteur David Schlesinger. Das Untersuchungsergebnis bedeute, dass jeder Journalist mit einer Kamera das Risiko eines Beschusses eingehe "und dass dagegen nicht viel auszurichten ist", sagte auch Joel Campagna von dem New Yorker Komitee. "Das ist nicht akzeptabel."

Die beiden Journalisten trugen blaue Westen mit der Aufschrift "Presse" und filmten den Panzer vor dem Angriff minutenlang und in aller Offenheit. Schlesinger kritisierte, die Ergebnisse des Militärs billigten den unangemessenen Einsatz von Gewalt in einer Situation, die die Armee selbst als nicht vollständig klar beschreibe. "Es bestehen berechtigte Zweifel daran, ob die Armee alle Vorsichtsmaßnahmen dafür getroffen hat, Zivilisten zu schonen - wie es das Völkerrecht verlang", sagte Campagna. (Reuters)