Pristina/Belgrad  - Pristina (Pristhina) hat negativ auf einen Vorschlag des österreichischen Balkanexperten Wolfgang Petritsch reagiert. Der frühere Kosovo-Beauftragte der EU und spätere Hohe Repräsentant für Bosnien-Herzegowina hatte laut Medienberichten vom Montag angedeutet, dass die nordbosnische Stadt Brcko ein Modell für die seit Juni 1999 geteilte Stadt Mitrovica im Nordkosovo darstellen könnte. Da alle drei bosnischen Volksgruppen Brcko beanspruchten, wurde sein Status erst fünf Jahre nach dem Kriegsende (1992-95) definiert.

Der kosovarische Vizepremier Hajredin Kuci warnte vor einer Destabilisierung des jungen Staates, der im Februar gegen den Willen Belgrads seine Unabhängigkeit von Serbien proklamiert hatte. Er unterstrich am Dienstag gegenüber der kosovarischen Tageszeitung "Koha Ditore", dass es Zeit für ethnische und regionale Integration sei. "Die Logik der ethnischen und sonstigen administrativen Teilungen (...) war ein schlechtes Beispiel."

Ablehnung kam auch aus dem Präsidentenamt. Jeder Vorschlag, der im Widerspruch mit dem Vorschlag von Ex-UNO-Vermittler Martti Ahtisaari (über eine international überwachte Unabhängigkeit des Kosovo mit starken Minderheitenrechten, Anm.) stünde, sei für die staatlichen Institutionen und Bürger unannehmbar, sagte Xhavit Beqiri, Sprecher von Präsident Fatmir Sejdiu.

Der Kosovo sei ein Einzelfall und könne nicht mit irgendeiner anderen Situation verglichen werden, ließ auch der stellvertretende Chef der oppositionellen Allianz für Zukunft (AAK), Ahmet Isufi, wissen. Über den Vorschlag "überrascht" zeigte sich unterdessen auch die oppositionelle Allianz Neues Kosovo (AKR) des in der Schweiz lebenden Geschäftsmannes Behget Pacolli.

Kosovska Mitrovica ist seit dem Kosovo-Krieg 1999 eine geteilte Stadt. Die albanische Volksgruppe lebt im Südteil, die serbische im Nordteil der Stadt. Die beiden Stadthälften werden getrennt verwaltet. Die serbische Volksgruppe erkennt weder die Unabhängigkeit des Kosovo noch die kosovarischen Behörden an.

Der selbstverwaltete Brcko-Distrikt in Bosnien-Herzegowina wurde im März 2000 eingerichtet, weil sich die bosniakisch-kroatische Föderation und die bosnische Republika Srpska nicht auf eine Zuordnung des Gebietes einigen konnten. Als Sonderverwaltungsgebiet wird es offiziell von beiden Entitäten des Landes verwaltet, untersteht aber bei weitgehender lokaler Selbstverwaltung de facto direkt dem Gesamtstaat.

Indes setzt Lamberto Zannier, Chef der auch sechs Monate nach Ausrufung der Unabhängigkeit im Kosovo stationierten UN-Verwaltung (UNMIK), etwa für die Lösung der Zollfrage auf das "Hongkong-Modell" - ein Staat, zwei Systeme. Auch für das Justizwesen schwebt Zannier laut Medienberichten Ähnliches vor. (APA)