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Das geplante Joint Venture zwischen deutscher Railion und Rail Cargo Austria stößt ÖBB-intern weiterhin auf Widerstand.

Foto: Getty, RCA

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Wien - Der ÖBB-Holding-Aufsichtsrat hat dem umstrittenen Joint Venture RailSelect zwischen Rail Cargo Austria (RCA) und Deutscher Bahn (DB/Railion) in seiner Sitzung am 29. Juli Bremsschuhe auf die Gleise gelegt.

Wohl haben die ÖBB-Kontrollore die Signale für ein Joint Venture im Produktionsbereich mit Europas größter Güterbahn auf Grün gestellt, sie haben den Befürwortern rund um RCA-Vorstandsdirektor Friedrich Macher allerdings Auflagen verordnen und einen Aufpasser zugeteilt. Der heißt Leopold Specht, ist Rechtsanwalt, gilt als Vertrauter von Noch-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und als besonders kritischer Kapitalvertreter.

Specht wurde, berichten ÖBB-Kontrollore dem Standard, beauftragt, die Verhandlungen des RCA-Vorstands mit Railion nicht rechtsanwältlich, sondern als Aufsichtsratsmitglied zu begleiten und so zu verhindern, dass die im Jänner 2006 angeleierte Kooperation mit der Deutschen Bahn so umfangreich ausfällt, wie sie Martin Huber und Noch-ÖBB-Finanzchef Erich Söllinger mit DB-Chef Hartmut Mehdorn und DB-Logistik-Vorstand Norbert Bensel in einem Letter of Intent (LoI) fixiert haben. Nämlich als "Intensivierung der Zusammenarbeit" bis hin zu Kapitalverflechtungen in allen wesentlichen Funktionsbereichen, insbesondere im Arbeitsfeld Güterverkehr/Logistik und im Personenverkehr.

Zusammenführung der Beteiligungen

Da eine Fusion von RCA und Railion in der Öffentlichkeit bereits damals nicht opportun war, beschränkt man sich vorerst auf eine Zusammenführung der Beteiligungen nach Branchen. Die unternehmerische Führung bei Chemie, Holz und Kombi-Verkehr sollte demnach durch die DB erfolgen, während ÖBB/RCA lediglich die Bereiche Agrar, Montan und Baustoffe vorbehalten wären.

Diese Zusammenführung ließ sich bis jetzt - auch wegen massiver ÖBB-interner Widerstände - auch nicht umsetzen, weshalb sich die RCA-Führung vorerst auf die Gründung der Produktionsgesellschaft RailSelect konzentriert. RailSelect soll je zur Hälfte RCA und Railion gehören und aus Waggons, Loks und Lokführern bestehen, die bestimmte grenzüberschreitende Verkehre abwickelt.

Non-Profit-Organisation

RailSelect hat es allerdings in sich. Sie soll laut Informationen aus hohen RCA-Kreisen eine Art Non-Profit-Organisation sein, die mit Nettokosten kalkuliert. Verkaufen dürften die Vertriebsleute von RCA und Railion allerdings in gleicher Weise und zum gleichen Preis wie bisher. Das Ungleichgewicht zeigt sich bei der Ertragsaufteilung: Für einen Transport von Hamburg nach Linz würde Railion den Preis für 800 Kilometer Frachtstrecke kassieren, RCA nur für die hundert Kilometer in Österreich. Und: Die RCA-Tochter ÖBB-Traktion müsste RailSelect zum selben Mischpreis beliefern wie andere ÖBB-Konzerngesellschaften.

Was ÖBB-Managern besonders sauer aufstößt: dass die RCA-Führung der DB-Railion in der RailSelect einflussreiche Dirimierungsrechte zusichern würde und die ÖBB im Fall der Auflösung der Partnerschaft ihre Assets für bis zu zwei Jahre in der RailSelect belassen müsste. ÖBB-Konzernchef Peter Klugar betrachtet Specht keineswegs als Aufpasser und beruhigt: Die Partnerschaft mit DB-Railion sei klug und wichtig und nur auf die Produktionsgesellschaft beschränkt. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.8.2008)