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Achim Freyers Mozart-Welt: Shawn Mathey (als Tamino), Karl Michael Ebner (als Monostatos), Georg Zeppenfeld (als Sarastro) und Diana Damrau (als Pamina, v. li).

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Wien - Wer seinerzeit im Mozartjahr dabei war, als die Wiener Festwochen das Theater an der Wien mit einer aus Aix-en-Provence kommenden Zauberflöte "beschenkten" , kann verstehen, dass die leider vor allem düster dahindösende Inszenierung von Krystian Lupa nun nicht als Wiederaufnahme ihr bedauernswertes Haupt erhob. Und selbstverständlich kann man auch nachvollziehen, dass man - Ersatz suchend - auf Nummer sicher ging und sich also Hilfe von routinierter Regieseite her besorgte, anstatt wieder jemanden Oper üben zu lassen.

Der gefundene Herr hat wirklich reichlich Erfahrung: Achim Freyer hat schon sechsmal szenisch über die Zauberflöte meditiert; hierzulande ist noch die Salzburger Inszenierung in Erinnerung, die er effektvoll in der Felsenreitschule in einem Zirkuszelt unterbrachte. Eine dieser Meditationen (aus dem Jahre 2002, für die Schwetzinger Festspiele erdacht) ist nun über Kooperationswege in Wien gelandet, um hier als Attraktion die sommerliche Opernstille in der Stadt zu durchbrechen.

Und tatsächlich: Die Jahre sieht man der Inszenierung nicht an. Freyer, der als theatraler Universalgelehrter agiert, also für Inszenierung, Ausstattung und Licht verantwortlich zeichnet, hat eine kindliche Welt ersonnen, voll der lieben Plüschtierchen und aufblasbaren Vögel, und hat sich dann auch nicht damit begnügt, nur mit optischen Spielereien zu bezirzen. Durchaus voller Leben und Sinn sind die Figuren in diesem Ambiente, das von drei Türen und einer Schräge dominiert wird.

Natürlich schadet der spaßig-gaghafte Teil keineswegs. Ob nun Papagenos (durch eine Pumpe ermöglichtes) Muskelspiel oder die - immer wenn es um Papagena geht - aus dem Hosentürl hervorgeholte Ente; ob das durch Glockenspiel ausgelöste Seilspringen Monostatos': Jeglicher putzige Gag ist elegant in eine Geschichte von schlummernder Erotik und Machtspiel eingeschmolzen worden. Wie auch jene Theatralik, die schon im Werk quasi als Geschenk verborgen ist. Genau sind jedoch auch die einzelnen Sphären charakterisiert und also voneinander abgegrenzt. Sarastros Gesellschaft besteht aus skurrilen Figuren, die einmal als Jäger daherkommen, dann wieder quasi als Versammlung von blonden Marx-Brothers-Imitatoren, die als heuchlerisch-voyeuristische und wenig mutige Gruppe durch die Geschehnisse stolpern.

Sarastro, ein in Macht erstarrtes Monument mit fünf Strahlen auf dem Kopf, versammelt sie einmal gar zu einer Art Letztes-Abendmahl-Simulation. Für Freyer ist dieses Grüppchen ja eine Bastion des Ideologischen, die auf eine andere - jene der Königin der Nacht - prallt. Am Ende gehen sie aneinander zugrunde: Sarastros Kopfbedeckung leuchtet schließlich nicht mehr, sie bricht auch auseinander, zerzaust geht dieser Herrscher unter. Leer ist denn auch die Bühne am Ende, man hört nur noch Stimmen. Hier ist ein Kampf geführt worden, den keiner gewinnen konnte. Gekonnt.

Doch leider, die musikalische Seite der Aufführung landet nicht wirklich auf der Höhe der Inszenierung. Außer Diana Damrau, die ihre Pamina sicher mit einem Hauch von Dramatik ausstattet, ist viel Krampf und Mittelmaß zu hören. Gerade noch Sarastro (Georg Zeppenfeld) kann als tadellos durchgehen. Wenig überzeugend Sen Guo (Königin der Nacht), allzu undeutlich Jonathan Lemalu (als Papageno), klangschön, aber etwas angestrengt Shawn Mathey (als Tamino) und etwas unscheinbar Gabriela Bone (als Papagena). Zudem hat Dirigent Jean-Christophe Spinosi die Wiener Symphoniker etwas zu breit und teigig musizieren lassen. Da fehlte die Klangbalance, da wurde üppig geschwelgt. Ein schlüssiges Mozart-Klangbild ergab das nicht. Vereinzelte Buhs. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD/Printausgabe, 12.08.2008)