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Wirtschaftsminster Bartenstein will die Bundeswettbewerbsbehörde mit mehr Kompetenzen ausstatten und bezeichnet seine Ministerratsvorlage als "Nagelprobe" für den Koalitionspartner.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Im Sommer-Ministerrat heute, Dienstag, ist für Konfrontationsstoff gesorgt: ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat einen Gesetzesentwurf ausarbeiten lassen, mit dem die Aufsicht in Österreich auf neue Beine gestellt werden soll. Wichtigster Punkt dabei: Die Bundeswettbewerbsbehörde - weisungsfrei, aber formal dem Wirtschaftsministerium zugehörig - soll umfangreiche Kompetenzen dazu erhalten. Das Amt des Kartellanwalts - derzeit im Justizministerium angesiedelt, weisungsgebunden an die Ministerin - soll abgeschafft werden.

Keine Zustimmung

Dem will Berger erwartungsgemäß nicht zustimmen. Sie hat Bartenstein schon in der Vergangenheit in dieser Causa mehrfach abblitzen lassen und vorher eine "Evaluierung" der Gesetze gefordert. In ihrem Ressort gibt man sich nun sehr überrascht darüber, dass der Wirtschaftsminister mit einem fertigen Gesetz in den Ministerrat gehen will. Es sei nun zu wenig Zeit, um die Inhalte zu prüfen.
Bartenstein will, sagte er am Montag in einer Pressekonferenz, das Gesetz auf jeden Fall in die Begutachtung schicken, unabhängig davon, ob seine Noch-Regierungskollegin zustimmt oder nicht. So könnte das Gesetz dann die nächste Regierung und den nächsten Nationalrat passieren. Bartenstein hat das Gesetz namens "Wettbewerb-Reorganisationsgesetz 2008" von einem Juristenteam um Walter Barfuß, den früheren Chef der Bundeswettbewerbsbehörde, und Michael Losch, Sektionschef in seinem Ministerium, verfassen lassen.

Integration des Kartellanwaltes in die BWB

Wesentlicher Punkt (neben der Integration des Kartellanwaltes in die BWB): Die Bundeswettbewerbsbehörde soll ab 1. Jänner auch "Entscheidungsbehörde" in wettbewerbsrechtlichen Fragen werden. Beispiel Verfahren in Sachen Marktmissbrauch oder unerlaubtes Kartell: Derzeit stellt die BWB(oder Sozialpartner oder betroffene Unternehmen) einen Antrag an das Oberlandesgericht Wien, das als Kartellgericht über ein Verfahren entscheidet. Künftig soll die BWB mit Bußgeldern ein Kartell zunächst einmal abstellen können, ein Rekurs (Rechtsmittel mit dem Ziel der Abänderung oder Aufhebung der Entscheidung) soll nur in Ausnahmen eine aufschiebende Wirkung haben. Bei Anträge auf Fusionen von Unternehmen soll die BWB nach dem Bartenstein-Vorschlag künftig in erster Instanz eine Entscheidung treffen können, der Instanzenzug bleibt wie gehabt (Oberlandesgericht, Oberster Gerichtshof als Kartellobergericht).

"Nagelprobe" für den Partner

Bartenstein bezeichnet seine Ministerratsvorlage als "Nagelprobe" für den scheidenden Partner. "Wir wollen sehen: Geht der Koalitionspartner mit bei der Stärkung der Wettbewerbsbehörde oder ist alles, was er dazu gesagt hat, Schall und Rauch?" Als argumentative Unterfütterung berichtet Losch, dass sein Haus in 21 Ländern der EU einen Vergleich eingeholt habe: In 14Ländern könnte die jewei-lige Bundeswettbewerbsbehörde Zwangsmaßnahmen ohne Gerichtsbeschluss gegen nicht kooperationswillige Unternehmen verhängen. Eine aufschiebende Wirkung eines Rekurses gebe es überhaupt nur hierzulande.
Barfuß sagt zum bisherigen "Hin und Her" zwischen Unternehmen, Gericht, Behörde und Anwalt: "Wir haben langwierige Verfahren erlebt, mit Spielereien, die es in keinem Mitgliedsland der EU gibt." In Kartellrechtssachen unkooperative Unternehmen fürchteten laut Barfuß "drei Dinge: Geldbuße, Publizität und dass es schnell geht" . (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.8.2008)