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Da lacht der Präsident: Morales hat das Referendum gewonnen.

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Auch Ruben Costas, der Gouverneur der reichen Provinz Santa Cruz, wurde im Amt bestätigt. In seiner Siegesansprache nannte er Präsident Morales einen Diktator und schwor, dass dieser nie einen Fuß in seinen Bundesstaat setzen werde.

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Vor der Parole "Revolution" döst ein Bolivianer in der Provinz Cochabamba. Der vom sozialistischen Präsidenten Morales kritisierte Chef der Provinzregierung, Manfred Reyes, wurde abgewählt.

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Im Referendum über den Präsidenten sprachen sich mindestens 62 Prozent der Bolivianer für den Kurs der Zentralregierung aus. Doch in fünf der neun Provinzen geben radikalisierte Oppositionspolitiker den Ton an.

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La Paz/Porto Alegre - Das hatte sich Evo Morales wohl in seinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt: Zweieinhalb Jahre nach seinem historischen Wahlsieg vom Dezember 2005 wurde Boliviens Indígena-Präsident am Sonntag mit mindestens 62 Prozent im Amt bestätigt. In den Hochlandprovinzen La Paz, Oruro und Potosí kam er jetzt auf jeweils 80 Prozent, in den ländlichen Gebieten war die Zustimmung flächendeckend. Drei von acht Provinzchefs, in Bolivien Präfekten genannt, die sich ebenfalls Referenden stellen mussten, verlieren ihr Amt: Die Rechten José Luis Paredes und Manfred Reyes wurden in La Paz und Cochabamba abgewählt, in Oruro verlor ein Morales-Freund.

Vor dem Präsidentenpalast in La Paz feierten Zehntausende. Mit Sprechchören unterbrachen sie die kurze Rede des Staatschefs, um eine Politik der "harten Hand" gegen die rechten Hardliner zu fordern. Doch Morales trat für die Versöhnung der neuen Verfassung mit den kürzlich in vier Tieflandprovinzen verabschiedeten Autonomiestatuten ein: "Ich möchte den bestätigten Gouverneuren unseren Respekt ausdrücken und rufe sie auf, zusammen mit uns für die Einheit Boliviens zu arbeiten."

Unter großem Jubel rief er aber auch: "Wir sind dazu verpflichtet, den Prozess den Wandels zu festigen. Das bolivianische Volk hat sich für die Abkehr vom neoliberalen Wirtschaftsmodell ausgesprochen" . In den letzten zweieinhalb Jahren hatte er den Einfluss des Staates im Energie- und Bergbausektor erweitert und eine neue Verfassung erarbeiten lassen, durch die vor allem die Rechte der Ureinwohner gestärkt werden.

Das größte Problem für die Zentralregierung liegt nach wie vor in Santa Cruz, Pando, Beni und Tarija. Die dortigen Provinzfürsten wurden klar bestätigt und gaben sich kompromisslos. Rubén Costas aus Santa Cruz, der mit 70 Prozent Rückhalt rechnen kann, bezeichnete das Ergebnis als "Sieg der Autonomie" . Er warf dem Staatschef "totalitäre" Bestrebungen vor und sagte, der "Diktator" Morales werde in einer Sackgasse landen, wenn er an der "illegalen und rassistischen" Verfassung festhalten wolle. Der Historiker Alcides Pareja räumte immerhin ein, der Autonomieprozess habe "eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg" .

Aufruf zum Putsch

Percy Fernández, Bürgermeister der Provinzhauptstadt Santa Cruz, hatte die Armee vor Tagen zum Putsch gegen Morales aufgerufen. 300 Menschen befanden sich im Hungerstreik gegen die Maßnahme der Regierung, einen Teil der Erdgaseinkünfte für eine Monatspension von 20 Euro für die Rentner abzuzweigen. In El Alto, der Trabantenstadt von La Paz, wo fast eine Million Menschen wohnt, kommen solche Töne nicht gut an. "Es gibt eine Verschwörung ge-gen Evo" , meinte Francisca Sinca Suñaga. " Sie wollen ihn töten, weil er als Einziger für die Armen ist" , sagte die Frau mit den indigenen Gesichtszügen, nachdem sie gewählt hatte. "Doch wenn das passiert, gibt es einen Aufstand, einen Bürgerkrieg."

Dazu will es die Regierung nicht kommen lassen. Das Patt zwischen Morales und den Autonomisten halte an und könne sich zur "Katastrophe" auswachsen, befürchtet nicht nur der Politologe Jorge Lazarte. Doch wie einen Dialog aufnehmen, wenn sich die Gegenseite strikt weigert? Diese Frage blieb auch am Morgen nach dem Referendum unbeantwortet. (Gerhard Dilger/DER STANDARD, Printausgabe, 12.8.2008)