Es reicht, genug gestritten: Die beiden Spitzenkandidaten von SPÖ und ÖVP, Werner Faymann und Wilhelm Molterer, zeigten sich zufrieden über ihr Verhandlungsergebnis zur AUA. Faymann bedankte sich sogar ausdrücklich für die "konstruktive Zusammenarbeit". Warum wird dann gewählt, wenn sich die Koalition plötzlich so harmonisch zeigt?

Die rot-schwarze Übereinkunft ist ein typisches Beispiel dafür, wie die Menschen in Wahlkampfzeiten für dumm verkauft werden. Die ÖVP kann für sich beanspruchen, dass bis zu hundert Prozent der Fluggesellschaft privatisiert werden können. Die SPÖ wiederum kann die rot-weiß-rote Fahne schwingen und als ihren Verdienst verkünden, dass eine Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie in österreichischer Hand bleiben muss.

Eine wunderbare Scheinlösung, typisch austriakisch. Denn wie diese Art von Verkauf über die Bühne gehen kann, ist offen. Es gibt juristische und aktienrechtliche Vorgaben - und nach EU-Recht dürfen Inländer nicht bevorzugt werden, sonst liegt eine Diskriminierung vor. Österreichische Politiker scheinen noch immer nicht in der EU angekommen zu sein.

Damit kann vom ÖIAG-Anteil von 42,74 Prozent nicht einmal die Hälfte verkauft werden. Dazu kommen noch potenziell drei Prozent, die die AUA selbst hält. Maximal ein Viertel des Unternehmens steht für Ausländer somit zum Verkauf, denn 47 Prozent der Aktien stehen in Streubesitz. So viel zum ÖVP-Argument Totalverkauf.

Und warum sind österreichische Investoren gegenüber ausländischen zu bevorzugen? Sind sie nicht so sehr an Profit orientiert oder einfach nur bessere Menschen? Wer garantiert, dass die heimischen Wirtschaftsbosse die Interessen der Bevölkerung stärker berücksichtigen als jene ohne österreichischen Pass?

Es wird spannend, wie die SPÖ dies erklärt, wenn etwa der Raiffeisenkonzern, der immerhin schon 3,43 Prozent an der AUA über das ÖIAG-geführte Österreich-Syndikat hält, weitere 25 Prozent erwirbt. Aber dann werden Hannes Androsch oder Unternehmen wie die Wiener Städtische, die im Rufe stehen, der SPÖ näher zu sein, ein Stück vom AUA-Kuchen abbekommen. Alles nur im Interesse Österreichs.

Es stellt sich ohnehin die Frage: Welcher ausländische Investor oder welche Fluggesellschaft soll - noch - Interesse haben, bei der AUA einzusteigen? Die Lufthansa hat bisher immer gesagt, sie will die Mehrheit. Dann müsste sie den Kleinaktionären ein Übernahmeangebot machen. Ob die sich das antun? Gleiches gilt für KLM-Air France.

Potenzielle Interessenten brauchen eigentlich nur darauf zu warten, dass es der AUA sukzessive immer schlechter geht. Die Alitalia steht seit Monaten zum Verkauf - nur will sie keiner. Auch Iberia sucht dringend einen Partner. Die AUA ist aber bedeutend kleiner.

Ein Gutachten von Roland Berger hat vor zwei Jahren schon der AUA empfohlen, sich einen Partner zu suchen. Das Gutachten wurde vom Auftraggeber ÖIAG unter Verschluss gehalten. Damit wurde wertvolle Zeit vertan. Denn inzwischen geht es der gesamten Luftfahrtbranche schlecht, Branchengrößen wie British Airways haben Probleme, selbst Billigflieger wie Ryanair oder Air Berlin leiden unter den hohen Kerosinpreisen und dem scharfen Wettbewerb.

Ist ein Ticket bei einer anderen Fluggesellschaft günstiger, dann wird dort gebucht. Auch bei den Österreichern hört sich der Patriotismus auf, wenn es ums Zahlen geht. Der Wirtschaftspatriotismus der Politiker hält sicher bis zur Wahl an. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Printausgabe, 6.8.2008)