Berlin - In rund vier Wochen soll klar sein, ob in Deutschland jede Menge neuer Steuerverfahren gegen betuchte Deutsche eingeleitet werden, die ihr Geld möglicherweise am Fiskus vorbei nach Liechtenstein geschleust haben. So lange braucht die 30-köpfige Sonderkommission von Steuerfahndern, um jenes 600 Seiten umfassende Material der Liechtensteinischen Landesbank (LLB) auszuwerten, das nun im Zuge eines Strafverfahrens in Rostock aufgetaucht ist.

Es handelt sich dabei um Konten von rund 1800 deutschen Kunden bei der LLB aus dem Zeitraum von 1999 bis 2003. Da nicht nur Namen, Depotnummern und Anschriften der Kontoinhaber bekannt sind, sondern auch Guthaben und der Zinssatz für die betreffende Geldanlage, lässt sich für die Steuerfahnder der Zinsertrag nachvollziehen. Dieser kann dann mit den Angaben der Steuererklärung des Betroffenen verglichen werden. Man gehe jedoch davon aus, dass die Kunden der LLB "in der Regel die Einkünfte nicht erklärt haben", sagt der Rostocker Oberstaatsanwalt Peter Lückemann der Süddeutschen Zeitung. Trifft dies zu, dann wird ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet - außer der Fall ist bereits verjährt.

Fürstenbank im Visier

Die Sonderermittler arbeiten eng mit den Spezialisten der Wuppertaler Steuerfahndung zusammen. Diese haben in ihrem Metier viel Erfahrung: Seit Sommer 2007 leiten sie das Verfahren gegen rund 800 Kunden der liechtensteinischen LGT-Bank, die im Besitz des Fürstenhauses ist. Darunter befindet sich auch der ehemalige Chef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel. Sein Name war wie der von anderen Verdächtigen auf einer CD-ROM aufgetaucht, die der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) erworben hatte.

Ein erstes Verfahren gegen einen Immobilienkaufmann aus Hessen ist bereits beendet. Er wurde Mitte Juli wegen Steuerhinterziehung zu einer Strafe von zwei Jahren Haft auf Bewährung und zu einer Zahlung von 7,5 Millionen Euro verurteilt. Unter den LLB-Kunden sollen sich nun viele süddeutsche Ärzte befinden, aber auch wohlhabende Bürger aus Nordrhein-Westfalen. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, Printausgabe, 6.8.2008)