Vom Mörder zum Bestatter ist es ein langer Weg: Téa Leoni und Ben Kingsley in John Dahls schwarzer Komödie "You Kill Me" .

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Wien - Einsamkeit ist bei der Profession eines Auftragskillers ein unausweichliches Übel. Zu viel Privatleben könnte die prekäre Identität gefährden und damit dem Geschäft abträglich sein. Da ist es nur zu verständlich, dass man nach Ersatzobjekten sucht, die Waffe wird zum besten Freund, und wenn das auch nicht mehr hilft, greift man eben zu härteren Mitteln. Frank Falenczyk (Ben Kingsley), in Buffalo für die polnische Mafia tätig, ist Alkoholiker. Schon in der ersten Szene von You Kill Me sieht man, wie er die Wodka-Flasche, die er aus dem Fenster geworfen hat, wieder aus dem Schnee buddelt und sich einen kühlen Schluck gönnt.

Zum Problem wird Frank diese Abhängigkeit, als er einen Mord, der die irischen Widersacher seiner Auftraggeber empfindlich treffen sollte, im Rausch verschläft. Die daraus folgende Konsequenz ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass You Kill Me mehr dem Feld der schwarzen Komödie zuzurechnen ist: Denn Frank wird nicht kaltblütig abserviert, sondern eilig in die Rehab geschickt. Weit weg von Buffalo, im sonnigen San Francisco, soll er sich von seinem Laster befreien. Er erhält einen Job als Leichenwäscher und die Auflage, sich regelmäßig beim Treffen der Anonymen Alkoholiker einzufinden.

US-Regisseur John Dahl arbeitet gerne mit Stoffen, in denen die großen Erzählungen des Hollywoodkinos auf menschliche Dramen heruntergebrochen werden. In den 90er-Jahren unterzog er in Filmen wie Red Rock West und The Last Seduction den Film noir einer Revision. Die Figuren verfügen darin noch über einen Rest von Glamour, aber die Welt hat sich geändert und dankt es ihnen bloß mit Ironie. Bei Frank handelt es sich um einen ähnlichen Fall. Ben Kingsley verleiht ihm die harten Züge eines unverbesserlichen Gewohnheitstäters, der seinen Beruf über alle anderen Dinge stellt. Im ungewohnten Milieu, wo Kriminalität rar, das Mitgefühl der Menschen umso größer ist, wirkt er damit ziemlich verloren. Es ist also nur eine Frage der Zeit, dass auch hinter seiner Maske ein anderes Gesicht zum Vorschein kommt.

Überraschende Kanten

You Kill Me bewegt sich im Grunde auf recht vorhersehbaren Bahnen - das Drehbuch von Christopher Markus und Stephen McFeely wurde ganze acht Jahre von einem Schreibtisch zum nächsten gereicht -, doch Dahl gelingt es ganz gut, das zu kaschieren. Das liegt zum einen an einer bündigen Inszenierung, welche die graduelle Wandlung von Frank nicht breit ausspielt, sondern es bei Andeutungen belässt.

Zum anderen vertraut Dahl auf das Charisma seiner Darsteller, die ihren Figuren überraschende Kanten verleihen. Téa Leoni, die in etlichen Blockbustern nur in der zweiten Reihe stand, spielt mit Laurel eine breitschultrige Frau, die sich von den ungeschickten Annäherungsversuchen Franks nicht gleich irritieren lässt und auch noch dann zu ihm hält, als er sie über sein früheres Metier informiert. Die beiden werden zu einem Paar, das vorsichtig, fast scheu miteinander umgeht - etwas, das im Kino nicht eben die Regel ist.

Natürlich wird Frank am Ende von seiner Vergangenheit doch noch einmal eingeholt. Dann stellt sich für ihn erstmals die Frage, welche Liebe die bessere Zukunft verspricht. You Kill Me liefert darauf eine eindeutige Antwort mit eher uneindeutigen Mitteln. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD/Printausgabe, 06.08.2008)