Die Atom-Forschungsanlage der IAEO in Seibersdorf, wo es nun zu einem Unfall kam, stammt aus den Siebzigern und gilt als veraltet.

Foto: Andy Urban

Seibersdorf - Am Montag ging im Atomlabor der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) in Seibersdorf die Suche nach der Ursache für den Zwischenfall  weiter, bei dem am Wochenende Plutonium ausgetreten ist. IAEO-Sprecher Ayhan Evrensel sagte, es habe vermutlich Überdruck in den Fläschchen geherrscht, in denen das Plutonium gelagert war. Der Druck in den Behältern soll durch die Freisetzung von Gasen entstanden sein. Montagnachmittag liefen parallel noch Untersuchungen, um hundertprozentig sicherzugehen, dass kein Material an die Umwelt abgegeben wurde.

Die Laborprobe befand sich im Hochsicherheitsbereich der UNO-Anlage in einem Aufbewahrungstresor. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe sich laut IAEO kein Mensch dort aufgehalten. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Radioaktivität in die Umwelt gelangt sei. Die Sicherheitssysteme hätten bei dem Vorfall gut funktioniert. So hätten Luftfilter radioaktive Partikel aus der Abluft gefiltert. Zudem habe sofort die Messstelle für Plutoniumgehalt in der Luft Alarm geschlagen. In dem Raum mit dem Aufbewahrungstresor und in zwei weitere Räumen sei ein erhöhter Plutoniumwert festgestellt worden.

Kritik an veralteter Anlage

Die Forschungsanlage umfasst ein Areal von rund 15.000 Quadratmetern, auf dem zirka 180 Mitarbeiter tätig sind. Das Labor stammt aus den 70er-Jahren und gilt  als veraltet. IAEO-Generaldirektor Mohamed ElBaradei räumte vergangenen November ein, dass es nicht den Sicherheitsstandards der Vereinten Nationen entspreche. Er forderte die IAEO-Mitgliedsstaaten damals dazu auf, 27,2 Millionen Euro für eine Aufrüstung des Labors zur Verfügung zu stellen. Der Grund: Es bestehe ein "immer höheres Risiko", dass veraltete Schlüsselkomponenten des Labors ausfallen könnten. Dazu gehöre auch das Ventilationssystem zur Eindämmung radioaktiver Substanzen.

Zudem besteht die Sorge, dass sich Terroristen Zugang zur Anlage verschaffen könnten. Während des Irak-Konflikts 2002/2003 lieferten IAEO-Forscher Belege dafür, dass der Irak entgegen den Behauptungen der USA sein Nuklearprogramm nicht wieder aufgenommen hatte.
Das IAEO-Forschungszentrum ist nicht die einzige Einrichtung im 35 Kilometer südlich von Wien gelegenen Seibersdorf, in der mit radioaktiven Stoffen gearbeitet wird. Auch die Austrian Research Centers (ARCS) sowie deren Tochterunternehmen Nuclear Engineering Seibersdorf (NES) sowie Mediscan, das medizinische Produkte sterilisiert, setzen Radioaktivität ein.

In Wien gibt es im Prater ein Atominstitut der Universitäten, das einen Forschungsreaktor betreibt. Auch in Graz und in Seibersdorf hat es Forschungsreaktoren gegeben. Sie wurden jedoch um  die Jahrtausendwende stillgelegt. (APA, spri/DER STANDARD-Printausgabe, 5.8.2008)