Sienna Miller und Guy Pearce geben Edie und Andy in George Hickenloopers "Factory Girl" .

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Wien - "Es gab eine Person in den 60er-Jahren, die mich mehr faszinierte als alle, die ich sonst kannte. Diese Faszination war möglicherweise einer gewissen Art von Liebe sehr nahe." - Andy Warhol.

So steht es da am Anfang des Films. Das erste Bild zeigt das bewegte Abbild einer jungen Frau, auf eine Wand projiziert. Noch bevor die Titelfigur selbst zu sprechen beginnt, sehen wir sie bereits durch die Augen eines anderen. Mit Factory Girl hat man den Spielfilm, der in der Folge ihr Leben in hektischen Sequenzen skizziert, überschrieben.

Es geht um Edith Minturn Sedgwick, 1943 in New Englands Aristokratie hineingeboren und in den 60er-Jahren in der New Yorker Mode- und Kunstwelt zu Edie Sedgwick mutiert: eine Stilikone und ein Superstar von Andy Warhols Gnaden, Teil jenes Personals, das die erste Factory bevölkerte, vom Meister eifersüchtig zur Favoritin gemacht und schließlich verstoßen, weil sie sich einem anderen zuwandte. Dabei immer schon von den Traumata der eigenen Vergangenheit, dem sexuellen Missbrauch durch den Vater, dem Selbstmord zweier Brüder und frühen Aufenthalten in der Psychiatrie getrieben - Kettenraucherin, Cocktail-Addict, später dann schwerer Junkie. Nach Entzug und Therapien 1971 schließlich einer Medikamentenüberdosis erlegen.

Das ist zumindest ungefähr die Geschichte, die man dem Film von George Hickenlooper entnehmen kann, welcher sich wiederum vor allem auf die Ereignisse Mitte der 60er-Jahre konzentriert. Factory Girl will von mannigfacher Ausbeutung erzählen, dabei betreibt er selbst wenig mehr als Exploitation. Die Versuche, ein Milieu und seine Akteure äußerlich originalgetreu nachzustellen, produzieren den Eindruck von Dauerfasching.

Warhol ist in der Lesart des Films einzig ein egozentrischer Freak. Guy Pearce trägt die dazupassenden, bleich geschminkten Wangen und Kunsthaar. Der echte Warhol wäre am 6. August 80 Jahre alt geworden, weshalb der Film, der bereits 2006 entstand, nun auch an diesem Tag in Österreich und Deutschland in die Kinos kommt. Und Edie Sedgwick wird genau als das "arme kleine reiche Mädchen" porträtiert, als das schon der echte Warhol sie auf Film verewigte - allerdings mit deutlich mehr Witz.

Die britische Schauspielerin Sienna Miller, selbst von Medien eine Zeitlang als It-Girl tituliert, spielt das ruhelose, liebeshungrige It-Girl Edie Sedgwick mit beachtlichem Einsatz. Den Film rettet das aber nicht. (Isabella Reicher, DER STANDARD/Printausgabe, 05.08.2008)