Canterbury - Anglikanische Bischöfe aus aller Welt haben es trotz wochenlanger Beratungen nicht geschafft, die Spaltung ihrer Kirche beim Streitthema Homosexualität zu überwinden. Sie konnten sich auf der am Sonntag beendeten sogenannten Lambeth-Konferenz nicht auf ein Grundsatzdokument einigen, das gemeinsame Positionen der Kirche zu schwulen Geistlichen, gleichgeschlechtlichen Paaren sowie zu Frauen in Bischofsämtern enthält.

"Probleme nicht überwunden"

"Wir haben unsere Probleme nicht überwunden und unsere Strukturen nicht neu erschaffen, dies wird weiterhin Zeit brauchen", sagte das geistliche Oberhaupt der Anglikaner, der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams. Dennoch sei er zuversichtlich, dass weitere Diskussionen einvernehmliche Lösungen in der mit knapp 80 Millionen Mitgliedern nach der römisch-katholischen und der orthodoxen drittgrößten christlichen Kirche der Welt ermöglichen werden.

Boykott der Konforenz

Die Lambeth-Konferenz in Canterbury ist das wichtigste Abstimmungsgremium zu Grundsatzfragen der anglikanischen Kirche. Sie findet nur alle zehn Jahre statt und umfasst eigentlich alle rund 900 Bischöfe aus 150 Ländern. Fast 250 der führenden Geistlichen boykottieren die Beratungen jedoch. Sie protestierten damit gegen die Weihe des bekennenden Homosexuellen Gene Robinson zum Bischof im US-Bundesstaat New Hampshire vor fünf Jahren sowie gegen eine Entscheidung der anglikanischen Kirchensynode im vergangenen Juni, künftig auch Frauen ohne Einschränkung zum Bischofsamt zuzulassen.

Nach Angaben des Kirchenkorrespondenten der BBC, Robert Pigott, gab es während der nicht-öffentlichen Lambeth-Konferenz Abstimmungen zu den Streitfragen in mehreren Gruppen. Dabei sei in einigen Diskussionszirkeln mehrheitlich für ein Verbot der Vergabe von Bischofsämtern an Homosexuelle sowie der Segenserteilung für gleichgeschlechtliche Paare gestimmt worden. Die Konferenz habe den Eindruck gefestigt, dass sich die weltweite Anglikaner-Gemeinde weiter in zwei Lager spalten werde.

"Quatschbude"

Es sei von großer Bedeutung, dass die anglikanische Gemeinde zusammenhält, "und zwar nicht nur als eine Verbindung von höflichen Freunden", sagte der Erzbischof von Canterbury. Die verschiedenen Gruppen innerhalb der Kirche müssten Wege finden, "sich gegenseitig anzuerkennen und zu vertrauen".

Mehrere führende Geistliche kritisierten hingegen, dass bei der Lambeth-Konferenz kein Durchbruch zu einem Kompromiss erzielt worden sei. Der Erzbischof von Hong Kong, Paul Kwong, sagte, das Treffen habe sich als "Quatschbude" erwiesen. Die Kirche brauche aber konkrete Vorschläge für die Lösung ihrer Probleme, wenn weitere Diskussionen einen Sinn haben sollten. (APA/dpa)