eines tages behauptete der kanzlist franz k., er könne nicht nur zwischen den zeilen lesen, sondern auch zwischen den wörtern, ja sogar zwischen den buchstaben. ich warne dich, lieber franz, sagte der gutmütige oberkanzlist, wir sind ein seriöses institut und wir setzen voraus, dass jemand, der schreiben auch lesen kann, aber schon zwischen den zeilen zu lesen wäre eine gefährliche überschreitung deiner kompetenzen, wenn nicht ein subversiver akt. und du kannst dir ausmalen, was es bedeutet, wenn jemand beginnt, sogar zwischen den wörtern oder gar zwischen den buchstaben zu lesen. franz k. schwieg, wie es seine art war, ein mildes lächeln konnte er aber nicht unterdrücken. warum schweigst du, fragte der oberkanzlist, der natürlich auf den lippen franzens zu lesen begann. ja, man kann nicht nur auf den lippen, sondern auch in den pausen, im schweigen lesen, meinte franz k., und das machen wir doch täglich? solange nichts schriftlich vorliegt, meinte der oberkanzlist, habe er auch nichts dagegen. (Friedrich Achleitner, DER STANDARD/Printausgabe, 02.08.2008)