Das traditionsreiche Innenstadt-Wirtshaus war lange Jahre eine Touristenfalle.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Jetzt wurde es wiederbelebt.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Speisekarte und Preise deuten in eine vielversprechende Richtung.

In der Kurrentgasse sieht Wien endlich einmal so aus, wie Touristen die Stadt kennen – aus jenen Wien-Filmen nämlich, die zwecks originalgetreuer Atmosphäre in Prag gedreht wurden. Auch das Wirtshaus mit dem wenig anregenden Namen Ofenloch sieht nach perfekter "Old Europe"-Kulisse aus: schwere, altdeutsche Holztäfelung, niedrige Gewölbe, Butzenscheiben. Dazu ein mit Lustern, Figürchen und Hirschgeweih angeräumtes Interieur, das mit jeder Faser dem zu entsprechen scheint, was man gemeinhin eine Tourifalle nennt.

Seit einem Monat aber sind Tanja und Florian Fritz hier Pächter. Als Betreiber des durchwegs gut beleumundeten "Florians" in Mödling stehen sie nicht unter Verdacht, es auf fehlgeleitete Reisende abgesehen zu haben. Vielmehr wurde Küchenchef Wolfgang Bulant vom Stammhaus ins Ofenloch beordert, um seine dort gepflogene Sorgfalt bei der Wahl der Ingredienzien (Hechte, Pekingenten aus Bio-Zucht, Erdäpfel und Gemüse von Michael Bauer aus Stetten ...) und sein Gefühl für stimmige Kombinationen nunmehr der Wiener Küche angedeihen zu lassen.

Für sich alleine schon ein Essen

Das funktioniert schon ziemlich gut. Marinierter Schopfbraten, eine Vorspeise aus dem Mittagsmenü, besteht aus dünnen, lauwarmen Bratenschnitten, auf einen Klacks Krenpüree gelegt, mit kleinen Würfeln von Gurke, Radieschen, Paradeiser und rotem Zwiebel sowie reichlich frischem Kren bestreut und mit einer feinen Kernöl-Marinade angemacht: schmeckt erfrischend – ist aber für sich allein schon ein Essen.

Das Tartare vom gebeizten Seesaibling leidet dagegen an gar großzügigem Dill-Einsatz, da können weder Avocadocreme noch im Ofen gebackene Kirschparadeiser mit schön konzentriertem Aroma noch etwas retten. Die Variation vom Jungschwein – Stelze, Backerl und Grammelknödel – beeindruckt schon einmal durch schiere Größe. Zwei ausgelöste Stücke von der Stelze sind nicht nur knusprig, sondern auch ausgesprochen würzig und saftig gebraten- so wohlschmeckend hat man das Wadel lange nicht mehr erlebt. Auch die Backe wird auf gewinnende Art geschmort, allein der Grammelknödel ist eher Wurfgeschoss denn Gaumenfreude. Das dazu servierte Rettichkraut schmeckt für sich sehr gut, würde aber mit weniger verschwenderischem Obers-Einsatz deutlich besser als Beilage zu derlei Schwergewichten taugen.

Wer dann noch kann, darf sich auf Marillenknödel, Kirsch-Scheiterhaufen oder so genannten "Braumalzcappuccino" freuen: einen ziemlich köstlichen, kühlen Pudding mit einer vor malzigen Röstaromen überbordenden Karamellsauce.

Toll kalkulierte Weinkarte, die durchaus animiert, zu den raren, großen Weinen aus Österreich zu greifen. Die gibt es hier nämlich auch! (Severin Corti/Der Standard/rondo/01/08/2008)