Foto: Regine Hendrich

Eine wirkliche Stadt ist nie fertig, immer in Verwandlung. Darum kann jede Bestands- nur eine Momentaufnahme sein und zeigen, was sich gerade womit überschneidet und welche Möglichkeiten eines Stadtlebens sich andeuten. Weniger noch: Ein Buch über eine Stadt, meint Arno Ritter, der Koredakteur eines ebensolchen Unterfangens, sei eigentlich unmöglich - Urbanes verweigere sich einer textlichen oder fotografischen Dokumentation.

Schrieb's und trat gemeinsam mit den seit vielen Jah- ren mit Architektur befassten Otto Kapfinger und Nikolaus Schletterer den Gegenbeweis an. innsbruck. stadtgeschichten sagt bereits, dass hier ein Ort nicht auf dem Lobestablett präsentiert, sondern als Narrativ begriffen wird. Das Trio im Untertitel, stadtplanung, baukultur, lebensqualität, bekräftigt die Absicht, architektonische, politische und urban-kulturelle Fragen mit der Ebene des subjektiv Erlebten zu verbinden.

Letzteres gelingt durch eine ebenso klare wie überzeugende ästhetische Entscheidung: Die meisten der weitwinkeligen, im Querformat seitenfüllenden Bilder (von 18 Experten ihres Fachs) sind aus der Sicht eines den Ort Erkundenden gemacht. Man sieht also, was man auch als Innsbrucker im Alltag wahrnimmt, und nicht gewagte Vogelperspektiven oder idealisierte Renderings. Das macht die Fotos vergleichbar und fast durchwanderbar wie ein Leporello (wären da nicht Schuss und Gegenschuss fast wie im Film; siehe etwa oben, der Blick auf das Gebäude der SoWi Innsbruck und aus dem Lesesaal des Gebäudes). Zugleich wird der Zugereiste aufmerksam auf manche Brüche im Gefüge der Häuser und Anlagen - mit Einschränkungen, muss man dazusagen: Vom Hauptbahnhof, für viele die erste Berührung mit neuer Architektur in Tirol, ist die überzeugende Gestaltung der Halle, eines Bahnsteigs und eines MPreis-Ladens zu sehen, aber nicht der trostlose Talmi, der sich in den Kojen schon wieder einzunisten beginnt. Zumeist aber halten die Gestalter eine Balance zwischen baulicher Statik und einem Stadtleben im Fluss. (Michael Freund, ALBUM/DER STANDARD, 25./26.07.2008)