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Wien - Die SPÖ ist in der Frage, ob sie sich noch einmal auf Kurs einer Koalition mit der ÖVP begeben soll, in sich schwer gespalten. Während gewichtige Landesparteichefs wie Oberösterreichs Erich Haider die große Koalition schlicht ablehnen oder, wie Kärntens Peter Ambrozy, "massive Skepsis" anmelden, sehen andere darin durchaus Perspektiven.

Burgenlands SP-Klubchef Norbert Darabos, der seit längerem als kommender Bundesgeschäftsführer gehandelt wird, hält eine inhaltliche Einigung für möglich. Die SPÖ stehe für eine Reformpartnerschaft zur Verfügung, meinte Darabos am Mittwoch, noch ehe sich sein Parteichef Alfred Gusenbauer zum zweitem Mal innerhalb von 24 Stunden zu einem Gespräch mit Kanzler Wolfgang Schüssel traf.

Dass es großer Reformen im Verwaltungs-, Gesundheits- und Pensionsbereich bedürfe, sei unbestritten. "Wenn die ÖVP akzeptiert, dass diese Reformen nachhaltig und sozial gerecht über die Bühne gehen, wird es möglich sein, sich zu finden", meinte Darabos. An der Volkspartei liege es nun, "aus den Fehlern der letzten Wochen die richtigen Schlüsse zu ziehen". In der Abfangjäger-Frage sei die ÖVP gut beraten, sich am ehemaligen burgenländischen ÖVP-Chef Gerhard Jellasitz zu orientieren, so der Klubchef. Jellasitz hatte erklärt, bei den Abfangjägern, "die niemand braucht", sollte ein Kompromiss machbar sein. Er sehe nicht ein, "warum man deshalb Regierungspartner verscheucht".

Der geschäftsführende Klubobmann Josef Cap verlangt von der ÖVP mehr Bewegung. "Wenn die Verhandlungen wirklich zu einem Ziel führen sollen, muss die Reformbereitschaft der ÖVP größer sein als bisher", sagte er am Mittwoch. Die SPÖ werde "für ein Reformpaket, in dem nicht Menschlichkeit und soziale Gerechtigkeit im Mittelpunkt steht, nicht zur Verfügung stehen können und wollen". Als Beispiel für eine "schlicht unmenschliche" Politik nannte Cap das Ansinnen, die Frühpensionen einfach abzuschaffen, ohne ein Maßnahmenpaket für ältere Arbeitnehmer zu schnüren.

Und er listete die Punkte auf, in denen "Beweglichkeit bei der ÖVP angesagt" wäre: Beschäftigungspolitik, Steuersenkungen für niedrige Einkommen, Verzicht auf die Abfangjäger, Bildungspolitik, Pensionsreform und im Gesundheitsbereich - und auch Stärkung der Minderheitenrechte der Opposition.

"Torpedo" Gehrer

Wie er die Chancen auf Schwarz-Rot bewertet? Er sei optimistisch gewesen - bis zur Aussage von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer von Dienstagabend, dass für Schwarz-Rot ein "größeres Wunder" nötig wäre. Gehrer sei fast wie ein "schwarz-blauer Torpedo" aufgetreten, empörte sich Cap. Angesichts "dieser Selbstgerechtigkeit" sei er "wieder skeptischer geworden". Dass er Schüssel als "Hietzinger Napoleon" bezeichnet hat, stört Cap nicht. Er sieht keinen Grund, die Aussage zurückzuziehen, die das Selbstverständnis Schüssels während der vergangenen Wochen beschreibe.

Einzelne in der SPÖ seien offenbar nicht an erfolgreichem Abschluss der Gespräche mit der Volkspartei interessiert, konterte VP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat. Cap belastet nur das Verhandlungsklima.

Zumindest auf die Wiener übt die große Koalition noch immer den größten Reiz aus. In einer Straßenbefragung (Sample 550) des Instituts

Oekonsult wollen 83,1 Prozent, dass Schüssel "zügig

mit Schwarz-Rot eine sta-

bile Koalitionsvereinbarung" beschließt. 38,3 Prozent der

Befragten glauben, dass Schwarz-Blau bereits ausgemachte Sache ist. (kob, pm/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.2.2003)