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Wien - Österreichisches Wasser ist von höchster Güte. Wenn es erst einmal durch ein hunderte Kilometer langes Leitungswerk geschleust worden ist, kommt es allerdings nicht in jedem Haushalt als hochwertiges Lebensmittel aus dem Hahn: Global 2000 hat 8.415 Proben aus allen Bundesländern getestet. Ein Drittel lag über dem WHO-Grenzwert, neun Prozent überschritten sogar den fünf Mal so hohen österreichischen Wert.

Erlaubte Bleiverseuchung

Der Grenzwert für die erlaubte Bleiverseuchung liegt derzeit bei 50 Mikrogramm pro Liter Wasser. Ab 1. Dezember dieses Jahres gelten 25 Mikrogramm. Erst zehn Jahre später wird der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Grenzwert von zehn Mikrogramm pro Liter eingeführt.

Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung

Leidtragende sind laut Global 2000-Mediziner Klaus Kastenhofer vor allem Kleinkinder und Ungeborene. Sie nehmen Blei in ihrem Verdauungssystem in höherem Maß auf. Schon niedrige Konzentrationen im Blut führten laut US-Studien zu Beeinträchtigungen der geistigen Entwicklung. "Um auch Babys und Föten zu schützen, muss der WHO-Grenzwert gelten", forderte Global-Sprecher Andreas Baur. Den "Hochrisikogruppen" - Schwangeren und Eltern mit Kleinkindern - sollen bleifreies Trinkwasser und Gratis-Tests zur Verfügung gestellt werden.

Blei im Wiener Wasser

Wien machen die heute, Mittwoch, bei einer Pressekonferenz präsentierten Testergebnisse zum "Blei-Wasserkopf" Österreichs: Fast 13 Prozent der Proben lagen über dem Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Liter. Ganze 43,4 Prozent sind nach dem WHO-Wert "bedenklich". "Im 6. Wiener Gemeindebezirk liegen 65 Prozent der Proben über den von der WHO festgelegten zehn Mikrogramm pro Liter", so Baur.

Austausch der Bleileitungen

Ab Dezember gelten auch in der Bundeshauptstadt 25 Mikrogramm als Grenzwert - bei den im vergangenen Herbst gezogenen Proben lagen 27 Prozent darüber. Ein "Runder Tisch" soll Politiker, Mieter und Hausbesitzer zusammen- und Lösungen bringen. Laut ÖVGW (Verband Gas & Wasser) und Wiener Wasserwerke sollen bis 2007 alle Hausanschlussleitungen aus Blei in Wien ausgetauscht werden.

Hohe Werte auch in Graz

Auch andere Städte sind betroffen: In Baden und Graz wurden laut Global 2000 hohe Werte gemessen. "Baden ist negativer Spitzenreiter. Hier liegen 15 Prozent aller Trinkwasserproben über dem österreichischen Grenzwert, beinahe die Hälfte über dem österreichischen Grenzwert", so Baur. Eine positive Ausnahme ist Innsbruck, wo in der Untersuchung keine Bleibelastung zu Tage trat.

Blei wurde lange als idealer Werkstoff angesehen

Das giftige Schwermetall Blei war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als idealer Werkstoff angesehen worden. Erst ab 1984 wurde der Einbau von Bleileitungen verboten.

Nicht nur Häuser vor 1945 sind betroffen

Die Annahme, dass nur Häuser, die vor 1945 errichtet worden sind, betroffen sein könnten, bestätigt der Test nicht: Bei Gebäuden mit Baudatum vor 1945 findet sich zwar der höchste Prozentsatz (11,72 Prozent) über dem gültigen Grenzwert und 41 Prozent über dem WHO-Grenzwert. Aber auch bei Baujahren nach 1945 seien Bleibelastungen zu finden (zwölf Prozent über WHO-Wert).

"Tausende Wohnungen mit Bleiwerten über dem österreichischen Grenzwert könnten nach dem Zivilrecht unbrauchbar sein", meinen die Global 2000-Experten. Dann hätten die Mieter ein Recht auf Zinsminderung. (APA)