Moderne Karrieren, so eine häufig anzutreffende Behauptung, weisen drei typische Merkmale auf: häufigere Wechsel, zunehmende horizontale oder organisationsübergreifende Wechsel anstelle hierarchischer Aufstiege sowie Weiterentwicklung und Lernbereitschaft statt monetärer Vorteile als zentrale Gründe für Wechsel. Stützt die Empirie diese Überzeugungen?

Eine Untersuchung der ersten 15 Karrierejahre von Wirtschaftsabsolventen der Jahre 1990 und 1970 analysiert erwünschte Jobwechsel entlang von vier Dimensionen: (1) vertikale Bewegungen (mehr, gleichbleibende oder geringere Personalverantwortung als Ausdruck hierarchischen Auf- und Abstiegs), (2) Zentralitätsbewegungen hin zum oder weg vom "Kern" des Organisationsgeschehens, (3) horizontale Bewegungen innerhalb der Organisation und (4) Organisations- oder Branchenwechsel.

Häufigere Jobwechsel bei jüngerer Generation

Angehörige der 1990er-Kohorte haben nach 15 Jahren im Schnitt bereits acht, ihre Pendants von 1970 nur drei Jobwechsel hinter sich. Die häufigsten Wechsel bei beiden sind Aufstiege in der Organisation, die mit mehr Zentralität und einem Funktions- oder Abteilungswechsel verbunden sind.

Allerdings ist die Zunahme an Karrieremobilität gleichmäßig auf alle Wechselarten verteilt, es kommt zu keiner relativen Abnahme der Zahl an hierarchischen Aufstiegen. Damit gibt es zwar Unterstützung für die These häufigerer Wechsel, nicht jedoch für die Annahme, dass Karrieren früher durch höheren Anteil an Aufstiegen und dafür weniger horizontalen Wechseln gekennzeichnet waren.

Finanzielles Weiterkommen eher bei älterer Generation

Deutliche Unterschiede zeigen sich hingegen bei den finanziellen Auswirkungen der Jobwechsel. Für beide Kohorten bringen sowohl hierarchische Aufstiege als auch horizontale Funktions- oder Abteilungswechsel innerhalb einer Organisation signifikanten Einkommenszuwachs. Allerdings profitieren die 1970er-Absolventen von beiden Wechselarten deutlich stärker. Die These der abnehmenden Bedeutung monetärer Anreize wird damit teilweise gestützt, aber auch heute spielt der monetäre Faktor eine wesentliche Rolle.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass Karrieren heute durch mehr Jobwechsel in alle Richtungen gekennzeichnet sind. Andererseits bringen bestimmte Jobwechsel im Vergleich zu früher geringere Einkommenszuwächse. Diese Ergebnisse lassen sich mit dem Herzköniginnen-Effekt beschreiben, der nach Evolutionsforschern benannt ist und auf eine Aussage der Figur aus "Alice im Wunderland" zurückgeht: "Man muss so schnell laufen wie man kann, damit man am gleichen Ort bleibt." Das trifft auch auf die Karrieren der Wirtschaftsabsolventen von 1990 zu: Erhöhte Mobilität führt gerade mal zu gleichem oder gar geringerem Karriereerfolg. Oder wie die Herzkönigin maliziös ausführt: "Um weiterzukommen, muss man mindestens zweimal so schnell laufen ..." (Katharina Chudzikowski, DER STANDARD, Printausgabe, 19./20.7.2008)