Musiker Dieter Kovacic gastiert am Samstag bei den Nickelsdorfer "Konfrontationen" , die am Freitag starten.

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Die Jazzgalerie, ein renommiertes Improvisationsrefugium, stand vor dem Aus. Nun scheint das Gröbste bewältigt.

Wien – Es gibt Dinge, die muss man klären, wenn man Dieter Kovacic gegenübersitzt, den die Szene als "Dieb 13" und "Takeshi Fumimoto" kennt. Was, bitte, hat es mit diesen Alias-Namen auf sich? ",Dieb 13‘ ist mir im Zuge eines Traums eingefallen, in dem ich als Teil eines BBC-Teams den betrunkenen Boris Jelzin interviewt habe. ‚Takeshi Fumimoto‘ habe ich aus Pynchons Roman Vineland gestohlen. Das ist passend, weil ich auch als Musiker Diebstahl betreibe."

Kovacic ist digitaler Klangtüftler und Turntablist, einer, der mit Plattenspielern Musik macht. Und mit Schallplatten. Nicht in der Art des Scratchings, wie man es von HipHop-DJs kennt. Kovacic beruft sich auf die experimentelle Traditionslinie des Turntablism, deren Anfänge bereits in den 1940er-Jahren, vor allem in der Musique concrète, liegen, und die Mitte der 70er-Jahre in Christian Marclay ihren wichtigsten Neuerer fand.

Kovacic hat schon als Zehnjähriger am Kassettenrecorder den Löschknopf mit Alu-Folie umwickelt, um Schichten übereinander aufzunehmen. Den Schritt vom DJ zum plattenmanipulierenden Turntablisten vollzog er 1997; auf der CD-Kompilation des berühmten "Picknicks mit Hermann" schien erstmals der Name "Dieb 13" auf. Turntablism ist für ihn nicht nur Methode, sondern Philosophie: Der 35-Jährige ist Verfechter des "Open Source" .

Dies praktiziert der Netzwerker und Betreiber des klingt.org-Portals zum einen als Software-Entwickler, der sein "Kluppe" -Programm zum Download bereitgestellt hat. Vor allem aber als Musiker, als der er sich auch fremder Klänge bedient und eigene zur Verarbeitung freigibt. Dass er dabei nicht mit Plattenfirmen in Konflikt kommt, hat damit zu tun, dass er seine Quellen im oft auch befreundeten Umfeld findet. Und zudem längst auch eigene Sounds einsetzt, etwa indem er aus seinen Performancemitschnitten wiederum Schallplatten schneidet, um sich so selbst zu recyceln. "Dahinter steht der Gedanke, dass Musik auf anderer Musik beruht. Ich glaube nicht an den Genie-Kult, der impliziert, dass man Musik aus dem Nichts erschaffen kann. Ich würde meinen Weg ‚aktives Filtern‘ nennen."

Seine künstlerischen Identitäten hat Kovacic 2005 im Rahmen von "Takeshi Fumimoto vs. Dieb 13" (Mego) auf den Punkt gebracht, wobei er als Dieb 13 jene Musik elektronisch verarbeitete, die der Turntablist Fumimoto geschaffen hatte. Veröffentlicht wurde die Musik auf Vinyl. Und kommt vielleicht in Nickelsdorf zum Einsatz, wo Kovacic mit Phil Minton ein Improvisationsset bietet. Ja, die Nickelsdorfer "Konfrontationen" , kürzlich nach dem Konkurs der Jazzgalerie vor dem Aus, werden stattfinden. Hans Falb konnte sein Restaurant mithilfe von Freunden aus der Konkursmasse zurückkaufen, für das Festival gibt es Förderzusagen von Land und Bund.

"Ich bin positiv überrascht, dass es das Festival weiterhin gibt. Andererseits: Man kennt die Jazzgalerie von Chicago bis Tokio, es ist ja auch kein Zufall, dass international Solidaritätskonzerte stattgefunden haben." (Andreas Felber / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.7.2008)