Bild nicht mehr verfügbar.

Handschlag zwischen Wirtschaft und Industrie auf Kosten der Bildung.
Foto: APA/dpa/epa/Hirschberger

Ein Viertel der neuen MachthaberInnen an den Universitäten sind ProfessorInnen aus dem In-und Ausland, darunter aber wiederum sehr viele aus dem technisch-ökonomischen Bereich. Dadurch entsteht eine De-facto-Dominanz jener Kräfte, die Universitäten als "Unternehmen" verstehen und tendenziell gegen die Mitbestimmung sind. Die intellektuelle Szene ist demgegenüber nur schwach vertreten, u. a. durch die Literatin Marlene Streeruwitz, die Künstlerin Valie Export und KulturmanagerInnen wie Ingried Brugger, Gebrielle Zuna-Kratky, Inge Scholz-Strasser oder Peter Pakesch.

Gegenüber den gewählten Mitgliedern hat die Bildungsministerin den weiblichen Anteil erhöht: Von 118 UnirätInnen sind jetzt 36 Frauen. Kräftig verstärkt wurde aber auch der FPÖ-Einfluss. Eine Vorleistung auf Schwarz-Blau? SPÖ und Arbeiterkammer haben daher auch gleich protestiert. Von den 118 gebe es keine/n Einzigen, "der die Arbeitnehmerinteressen in Forschung und Lehre vertritt", beschwerte sich AK-Bildungsexpertin Johanna Ettl. Um postwendend von der ÖVP-Abgeordneten Gertrude Brinek belehrt zu werden. Die künftigen Chefs der BetriebsrätInnen seien ohnehin zu den Sitzungen der RätInnen einzuladen und anzuhören. Assistiert wurde Brinek von der FPÖ-Wissenschaftssprecherin Magda Bleckmann.

"Es war bekannt, dass es seit Dezember eine zwischen der Volkspartei und den Freiheitlichen akkordierte Liste mit den entsprechenden Namen gab", kritisiert Wilfried Altzinger, Vorsitzender des AssistentInnenverbands an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien die Bestellungen. Und in den Landesregierungen von Steiermark und Oberösterreich redete man seit Wochen über massive Interventionen am Wiener Minoritenplatz. Es seien Namen direkt aus den Büros der Landeshauptleute übermittelt worden, um die Zusammensetzung der Uniräte zu "korrigieren". Auch dem Büro von ÖVP-Klubobmann Andreas Khol seien die Vorschläge übermittelt worden.

In Kreisen des ORF-Stiftungsrats wird indessen Kritik an der Bestellung von Generaldirektorin Monika Lindner zur Unirätin der WU geübt. Lindner sitze dort auf einem Regierungsmandat, obwohl sie stets darauf Wert lege, nicht Chefin eines "Staatsrundfunks" zu sein. Da der neue Job, ernst genommen, anfangs vier Tage pro Monat erfordere, sei außerdem zu fragen, ob sich Lindner voll auf das Management des ORF konzentrieren könne. Ein Stiftungsrat: "Hoffentlich erhält sie dort mehr Geld als wir vom ORF."

Indirekte oder versteckte Interessenkollisionen werden auch anderswo kritisiert. Der grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald bemängelt die Nominierung des Wirtschaftstreuhänders Helmut Marsoner an der Medizin-Uni Innsbruck. Dieser sei tüchtig, habe jedoch die finanziellen Interessen der Klinikvorstände im Bereich ihrer Privathonorare gegenüber nachgeordneten ÄrztInnen und den Tiroler Spitälern vertreten. Grünewald kritisiert auch geschäftsbeziehungen des Chemikers Günther K. Bonn.

In Kärnten ist die Berufung von Andrea Biro-Unzeitig, Vizechefin der Kärntner Wirtschaft, umstritten. Die Gattin des Krone-Vizechefredakteurs sei vor allem durch Partys und ihre Freundschaft zu Gesellschaftsdamen aufgefallen, Wirtschaftsfakten habe sie bisher nicht gesetzt. (DER STANDARD, Printausgabe 19.02.2003)