Schwarzenberg: "Gerhard Schröder wird es mit seinem Kurs gegen die Irakpolitik der USA noch fertig bringen, die erweiterte EU zu spalten"

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STANDARD: Heute, Montag, versucht die EU bei einem Sondergipfel auf eine gemeinsame Linie zum Irakkrieg und den USA zu kommen. Die neuen Mitglieder sind nicht eingeladen, obwohl zumindest Polen das wollte. Was sagen Sie als Exberater des tschechischen Präsidenten Václav Havel zu der Tatsache, dass er und die Premiers von Polen und Ungarn den offenen Brief unterzeichnet haben, der die Nato und EU zu spalten droht ? Schwarzenberg: Gerhard Schröder wird es mit seinem Kurs gegen die Irakpolitik der USA noch fertig bringen, die erweiterte EU zu spalten. Wenn die Balten, die Polen, die Tschechen, die Ungarn, die Slowaken vor die Wahl gestellt werden zwischen der transatlantischen Gemeinschaft und einem Zwist mit Amerika, dann werden sie sagen, dann lieber USA. Dann wird aus der EU mit viel Glück nur eine Freihandelszone. Bye, bye Europe. Schröder und Chirac haben übersehen, dass sie nicht die Richtlinienkompetenz haben. Alles, was zwischen Deutschland und Russland liegt, hat außerdem die lächelnde Umarmung zwischen Schröder und Putin als Warnzeichen empfunden. STANDARD: Aber die USA provozieren ja Widerspruch, weil sie immer imperialer auch mit den Verbündeten umgehen. Schwarzenberg: Richtig. Der Chirac konnte dadurch Deutschland andocken, und der Anspruch Schröders auf die Führungsrolle in Europa wurde bemerkenswert schnell begraben. STANDARD: Würden sich die Osteuropäer wirklich notfalls für die USA entscheiden, obwohl sie von der EU das Geld kriegen ? Schwarzenberg: Man soll die historischen Erfahrungen nicht vergessen. Im letzten Jahrhundert war die Erfahrung mit Deutschland und Russland eindeutig, und Frankreich hat sich nicht als sehr kräftiger Verbündeter erwiesen. Die Priorität war für sie von Anfang an, und ich war wirklich sehr eng dabei, die Nato. Die EU war auf dem zweiten Platz. STANDARD: Interessant war nur, dass die tschechische Regierung den offenen Brief nicht unterschrieb, sondern Havel quasi an seinem letzten Amtstag alleine. Schwarzenberg: Richtig, aus zwei Gründen. Premier Spidla ist ein überzeugter Linker und war zweitens froh, dass Havel sozusagen für ihn unterschrieben hat. Havel selber tat es, weil es seiner Grundüberzeugung entspricht, dass man dem Bösen wie Saddam rechtzeitig entgegentreten muss, und weil transatlantische Solidarität ein Grundpfeiler seiner Politik ist. STANDARD: Wo steht da Österreich bei alledem ?

Schwarzenberg: Österreich hat jetzt die Chance, endgültig zu beweisen, dass es nicht der zweite deutsche Staat ist. Wir könnten jetzt erklären, dass wir die Gefahr, die vom Irak ausgeht, auch aufgrund unserer eigenen Erfahrung richtig ernst einschätzen. Interview: Hans Rauscher (DER STANDARD, Printausgabe, 17.2.2003)