Wien - Der Wiener Bürgermeister und stellvertretende SPÖ-Vorsitzende Michael Häupl glaubt weiterhin, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) auf Neuwahlen zusteuert. Die SPÖ sei für eine Koalition auf Basis ihrer zwölf Punkte zwar weiter gesprächsbereit. Seit diese präsentiert wurden, herrsche seitens der ÖVP aber Funkstille, so der Bürgermeister. Sollte die SPÖ in Opposition gehen, fordert Häupl eine Neupositionierung: Sie dürfe nicht mehr nur als "Antiregierungspartei" agieren.

Häupl wollte keine Prophezeiungen über den Ausgang der Koalitionsverhandlungen oder eine mögliche VP-Minderheitsregierung abgeben. Er habe aber das Gefühl, "dass es in Richtung Neuwahlen geht, weil die ÖVP ja jetzt schon daran bastelt, die Schuldzuschiebungskampagne an die SPÖ durchzuziehen. Man braucht ja nur aufmerksam die Zeitungen zu lesen, dann ist alles klar." Wann es soweit sein könnte, wollte er nicht beurteilen. Er sei kein Prophet, außerdem sei Schüssel und nicht die SPÖ mit der Regierungsbildung beauftragt.

Im Fall eines Wahlkampfes ...

Im Fall eines Wahlkampfes werde es vor allem darum gehen, frühere SP-Wähler zurück zu gewinnen, die später die FPÖ und zuletzt die ÖVP gewählt haben. "Da kann man nicht hergehen und sagen, das sind lauter Wendehälse. Das sind Suchende. Und den Suchenden wollen wir in der SPÖ eine politische Heimat bieten." Angesichts von ökonomischen und gesellschaftlichen Umbrüchen müssten dabei "soziale Absicherungsanliegen" im Mittelpunkt stehen. "Es muss gesellschaftliche Veränderungsprozesse geben, aber es muss nicht allzu viele Opfer dabei geben", so Häupl.

Einem Lagerwahlkampf erteilte er erneut eine Absage, ebenso wie einer übermäßigen Personalisierung: "Ich würde ehrlich gesagt in diesem Spiel nicht mitmachen. Wenn man das will, soll man zu einem Dressman-Wettbewerb oder zu einem Schönheitswettbewerb gehen."

Im vergangenen Wahlkampf seien rund um Personen Medienereignisse geschaffen worden, bei denen dann auch Botschaften und Inhalte transportiert wurden. Die Akteure selbst hätten dabei aber keine große Bedeutung, zeigte sich Häupl überzeugt: "Ich glaube, dass persönlich gesehen der Karl-Heinz Grasser vielen sehr wurscht war." Nachsatz: "Als Ministrant vom Schüssel ist er wirklich in Ordnung."

Oppositionspolitik

Sollte die SPÖ sich nicht in einer Regierung wiederfinden, wünscht sich Häupl eine "wesentlich differenziertere Oppositionspolitik". "Es kann - mit wenigen Ausnahmen - nicht alles a priori schlecht sein, was als Vorschlag von einer Regierungspartei kommt." Sollte es Positionen geben, die jenen der Sozialdemokraten entsprechen, werde es auch Zustimmung geben.

Spekulationen um Gusenbauer-Ablöse "lupenreinen Unsinn"

Spekulationen um eine Ablöse des SPÖ-Vorsitzenden Alfred Gusenbauer bezeichnete Häupl als "lupenreinen Unsinn". Auch bei einer weiteren Wahl werde der Spitzenkandidat der SPÖ "völlig unbestreitbar und auch nicht diskutiert" Gusenbauer heißen. Dieser entscheide auch über mögliche personelle Veränderungen an der Parteispitze. "Er hat meine absolute Loyalität, was die Umsetzung seiner personellen Vorschläge betrifft. Ich werde ihm da nichts dreinreden", betonte Häupl. (APA)