Bild nicht mehr verfügbar.

Der Oberste Gerichtshof Belgiens bestätigte die Mitschuld Sharons

Foto: APA/AFP/Gali Tibbon

Jerusalem - Die israelische Regierung rechnet mit weiteren Klagen gegen israelische Politiker und Offiziere in Belgien wegen Menschenrechtsverletzungen. Nach der Entscheidung des höchsten Gerichts in Brüssel, das am Mittwoch eine Anklage gegen Ministerpräsident Ariel Sharon wegen der Massaker von Sabra und Shatila nach der (von Sharon befehligten) israelischen Libanon-Invasion 1982 grundsätzlich genehmigt hatte, hieß es am Freitag (heute) in Jerusalem, man erwarte, dass in Kürze weitere Israelis verklagt würden. Nach Ablauf seiner Amtszeit kann Sharon in Belgien angeklagt werden.

Belgien hat 1993 ein Gesetz zur weltweiten Verfolgung von Kriegsverbrechen erlassen, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Verdächtigten. 1999 wurde das Gesetz ergänzt um die Tatbestände Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Wegen der vom Obersten Gericht Israels festgestellten Mitverantwortung der israelischen Armee bei den von rechtsgerichteten libanesischen Falange-Milizen angerichteten Massakern mit bis zu 1500 Toten hatte Sharon 1983 vom Amt des Verteidigungsministers zurücktreten müssen. Im Jänner 2002 kam in Beirut der libanesische Ex-Minister und ehemalige maronitische Milizführer Elie Hobeika bei einem Autobombenanschlag ums Leben. Hobeika, der maßgeblichen Anteil an den Massakern von Sabra und Shatila hatte, war bereit, sich vor der Justiz zu verantworten und in Belgien auszusagen. Die libanesische Regierung hat den israelischen Geheimdienst Mossad für die Ermordung Hobeikas verantwortlich gemacht.

Die israelische Regierung hat nach Presseberichten eine Liste mit "problematischen" europäischen Staaten erstellt, in denen israelischen Geheimdienstoffizieren möglicherweise eine Strafverfolgung droht. Die israelische Presse berichtete, das israelische Außenministerium habe in der Aufstellung die europäischen Justizsysteme aufgelistet, die wegen ihrer Menschenrechtsgesetzgebung gegen die Geheimdienstler tätig werden könnten.

Das Urteil von Brüssel löste in Israel eine Welle von Protesten aus, die Belgiens Außenminister Louis Michel als "unbegründet" zurückwies. Nach israelischen Presseberichten hat die Regierung Sharon inzwischen entschieden, ihren Botschafter in Belgien zunächst nicht nach Brüssel zurückkehren zu lassen. Er war wegen des Urteils zu Konsultationen nach Israel gerufen worden. Staatspräsident Moshe Katzav schrieb einen Brief an König Albert II., in dem nach Angaben des Präsidialamts in Jerusalem Belgien "jegliches moralische Recht" abgesprochen wird, israelische politische Führer und Offiziere der israelischen Armee vor Gericht zu stellen. Außenminister Benjamin Netanyahu erklärte, die belgische Justiz habe "den Terrorismus legitimiert". (APA)