Die Empfehlung von Icomos Österreich an die Unesco ist eindeutig: Das Projekt Wien-Mitte soll vollkommen neu geplant und auf die Hilton-Höhe reduziert werden. Im Hotel Hilton wiederum hat man die Pläne für den "Wolken"-Aufbau definitiv aufgegeben.


Wien - Die Sprache ist unmissverständlich: Es bestehe die Notwendigkeit einer "tief greifenden Um- bzw. Neu- planung, die dem Welterbe-Ambiente angemessen ist und den Empfehlungen des Welterbekomitees entspricht". Wilfried Lipp, Vorsitzender des Nationalkomitees der Icomos, lässt in seiner schriftlichen Stellungnahme zum Projekt Wien-Mitte keinen Zweifel daran, dass für ihn das geplante Bauvorhaben mit den vier bis zu 97 Meter hohen Türmen mit dem Welterbe "nicht vereinbar ist".

Damit wird die Diskussion weiter angeheizt, ob die turmhohe Bahnhofsüberbauung den einschlägigen Bestimmungen der von Österreich ratifizierten Welterbekonvention entspricht. Den neuen Icomos-Bericht bezeichnet SP-Planungsstadtrat Rudolf Schicker als "kritisch, aber fair". Auch die Stadt Wien hat ihre eigene Sichtweise zum Projekt der Unesco bereits übermittelt.

Die lokale Stadtpolitik übertrifft sich seit Monaten in Forderungen, wie der Fall Wien-Mitte zu lösen sei. Die FP fordert "einen sofortigen Projektstopp", die VP fordert die Stadt auf, mit der Bank Austria als Bauträger zu verhandeln. Dort wiederum wünscht man sich eine Ausgleichszahlung von der Stadt, wenn man die Dimensionen des Baus reduzieren muss.

Im Juni findet die entscheidende Sitzung des Welterbekomitees statt. Alle bisherigen Stellungnahmen zu dem Fall werden dort nochmals geprüft. Befürchtet wird, dass die Unesco an Wien ein Exempel statuieren könnte und dem Land für das Kulturdenkmal "Innere Stadt" das Welterbe aberkennt. Bisher ist das noch nie geschehen. Wilfried Lipp empfiehlt der Unesco jedenfalls nicht, das Wiener Welterbe von der Liste zu streichen.

Er schlägt aber ganz konkret vor, dass die Türme in Wien-Mitte gekappt werden müssen - und das lasse sich "nicht allein durch marginale Kürzung der Türme" bewerkstelligen. Der Denkmalschützer sieht die maximale Höhe des Hotel Hilton als Maß künftiger Baudinge.

Hilton ohne Wolke

Der Hotelturm ragt derzeit 65 Meter in die Höhe und liegt in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt, steht neben dem Bahnhof Wien-Mitte.

Die Höhe des Hilton wird sich trotz geplanten Umbaus auch nicht verändern: Claudia Wittmann, Sprecherin des Hotels, erklärt im STANDARD-Gespräch, dass der geplante "wolkengleiche Aufbau" nach Plänen des Architekten Hans Hollein definitiv nicht umgesetzt würde. Die Eigentümerin Soravia Bauträger GmbH habe anders entschieden.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es, dass die Aufregung rund um Wien-Mitte ein wesentlicher Grund sei, den auffälligen Wolkenbau am Hilton nicht zu realisieren. Derzeit will es sich seitens der Stadtpolitik niemand leisten, bei der Unesco weiter mit schlechten Nachrichten aus Wien im Gespräch zu bleiben. (aw / DER STANDARD, Printausgabe, 13.2.2003)