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Foto: REUTERS/Francois Lenoir

Als Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin im vergangenen Herbst gar kein Argument mehr fand, um seinen US-Kollegen Colin Powell von der Gefahr eines Irakkrieges zu überzeugen, griff er zu einer seiner Lebensweisheiten: "Zwei Kriege führen, den einen in Afghanistan, den anderen im Irak, das ist, wie wenn man zwei Frauen hat: völlig unkontrollierbar."

Für Dominique Marie François René Galouzeau de Villepin, so sein voller Name, ist Politik "Leidenschaft", wie er sagt. Der 49-jährige Aristokrat, Eliteschulabgänger, Berufsdiplomat und Vater dreier Kinder, der Rimbaud liest und eine Napoleon-Biografie verfasst hat, schaffte es in die hohen politischen Sphären, "ohne je einen Wähler gesehen zu haben", wie ein Pariser Blatt sarkastisch meint.

Zu verdanken hat er es seinem Mentor Jacques Chirac, dem er absolute Loyalität versprach und der ihn infolgedessen als Generalsekretär in den Elysée-Palast holte, als er selbst Staatspräsident wurde. Schon dort schuf sich de Ville- pin den Ruf eines politischen Haudegens mit explosivem Temperament.

Der Musketier des Präsidenten hatte 1997 die Idee, die Nationalversammlung schlicht aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben, was Chirac zu seiner größten Blamage verhalf. Dominique de Villepin, der sich prinzipiell nie entschuldigt, reichte, seinem dramatischen Naturell entsprechend, seine Demission ein, was der Staatschef allerdings ausschlug. Dafür wurde "DDV" zum vielleicht einflussreichsten Politiker Frankreichs hinter Chirac. Nach dem rechten Wahlsieg vor einem Jahr wollte er Premierminister werden, doch Chirac war jetzt gewarnt und schob de Villepin in das Außenministerium ab, wo er weniger Porzellan zerschlagen könne.

Meinte Chirac. Im komplexen Bürgerkrieg der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire) setzte sich de Villepin prompt in die Nesseln, als er den schlauen Präsidenten Laurent Gba-gbo zu einer "Friedenslösung" zwang, die wenige Tage später an der Realität zerschellte. Seither wächst in Paris die Kritik an einem Außenminister, der seinem Chef blinden Gehorsam schwört, seine Untergebenen aber gerne als "Deppen" abkanzelt.

Im Irakkonflikt werfen Politiker aller Couleurs de Villepin vor, sein überbordender "Aktivismus" gefährde die diplomatische Gratwanderung Frankreichs zwischen verbaler Kriegsopposition und militärischer Einsatzbereitschaft. Das Pariser Veto in der Nato und die chaotische Lancierung eines deutsch-französischen "Friedensplanes", so heißt es, beraubten Frankreich der Option, sich im Irak später doch noch zu engagieren. Das eigentliche Problem ist vielleicht, dass der Draufgänger de Villepin seinem Vorgesetzten Chirac zu ähnlich ist, statt einen ruhenden Gegenpol zu ihm zu bilden. (Stefan Brändle/DER STANDARD, Printausgabe, 11.2.2003)